Review: Anatomie 1+2 (Mediabook)

Anatomie

Das Mediabook zu den "Anatomie"-Filmen (© EuroVideo)

Das Mediabook zu den “Anatomie”-Filmen (© Justbridge Entertainment)

Inhalt: Die Münchnerin Paula (Franka Potente, „Muse – Worte können tödlich sein“) träumt von einer großen Karriere als Ärztin. Da kommt es gerade recht, dass sie nach einem erfolgreichen Eignungstest für den Anatomie-Kurs des renommierten Professors Grombeck (Traugott Buhre) zugelassen wird. Schon am ersten Tag erwartet Paula und ihre Kommilitonin Gretchen (Anna Loos) ein waschechter Schock, als David (Arndt Schwering-Sohnrey, „WHO AM I – Kein System ist sicher“), die sarkastische, mit einem Herzleiden belastete Zugbekanntschaft der Freundinnen, auf ihrem Seziertisch landet. Da Paula nicht an einen Zufall glaubt, stellt sie Nachforschungen an, die sie auf die Spur eines alten Geheimbundes bringt. Erst zu spät bemerkt sie, wie gefährlich es in der alten Gängen der Elite-Universität sein kann.

 

Kritik: Als „Scream“ im Jahr 1996 in den USA für ein Revival des Slasher-Horrors sorgte, wollte man in Deutschland auch ein Stück vom Kuchen abhaben. Das führte zu obskuren, dadurch schon wieder unterhaltsamen Werken wie „Flashback – Mörderische Ferien“ (2000), „Swimming Pool – Der Tod feiert mit“ (2001) und schlimmerer Videotheken-Ware, die längst in Vergessenheit geraten ist. Der Wiener Stefan Ruzowitzky, dessen 2007er-Film „Die Fälscher“ später den Auslands-Oscar gewinne sollte, war auf der internationalen Bühne hauptsächlich als Regisseur des Musikvideos zum *NSYNC-Hit „Tearin’ Up My Heart“ bekannt. Sein im Jahr 2000 veröffentlichter Medizin-Uni-Horror „Anatomie“ dürfte fast der einzige deutschsprachige Slasher-Beitrag sein, der seinen Platz in der Mitte der Gesellschaft gefunden hat.

Paula und ihre Kommilitonen erwartet ganz spezieller Unterricht (© Justbridge Entertainment)

Paula und ihre Kommilitonen erwartet ganz spezieller Unterricht (© Justbridge Entertainment)

Ein atmosphärisches Setting, ein morbide-schicker Look, der in den „Körperwelten“-Kopien gipfelt, die wohl nervenzehrendste Fahrstuhlmusik der Filmgeschichte, gutes Gespür für Spannung und eine Reihe junger, talentierter und attraktiver Darsteller, die entweder bewaffnet oder knapp bekleidet übereinander herfallen, ergab ziemlich gelungenes Genre-Futter, das auch 20 Jahre später noch funktioniert (wobei der Erfolg der ähnlich gelagerten Netflix-Serie „Biohackers“ als Beweis herhalten dürfte). Selbstverständlich ist „Anatomie“ nicht perfekt: Horror-Klischees werden bedient, der Film wirkt nach starkem Aufbau im Verlauf doch ziemlich konstruiert, die Dialoge sind allenfalls zweckdienlich. Eine effektive Inszenierung Ruzowitzkys verhindert ein Übergewicht für solche Aspekte.

Franka Potente, die nach dem Erfolg von „Lola rennt“ gerade auf dem Weg zum internationalen Star war, trägt hier als ehrgeizige, mutige Paula den Film. An ihrer Seite kommen hauptsächlich Anna Loos als verführerische Gretchen und die auf eigene Art zwielichtig aufspielenden Sebastian Blomberg und Benno Führmann zur Geltung.

Obwohl über 20 Jahre vergangen sind, bleibt „Anatomie“ einer der wenigen großen Namen im deutschen Mainstream-Horror. Trotz vorhandener Probleme sorgen Ruzowitzkys Gespür für Spannung und Atmosphäre sowie ein sehr ordentlicher Cast für 103 Minuten einschneidende Kurzweil.

3,5 von 5 Punkten

 

Anatomie 2

Nicht alle Untersuchungsergebnisse sind erfreulich (© Justbridge Entertainment)

Nicht alle Untersuchungsergebnisse sind erfreulich (© Justbridge Entertainment)

Inhalt: Jo (Barnaby Metschurat, „Was gewesen wäre“) lebt in Duisburg und ist aufgrund einer Erbkrankheit, die seinen Vater getötet und seinen Bruder (Hanno Koffler, „Der Pass“) an den Rollstuhl gefesselt hat, Arzt geworden. Jetzt hat er einen Praktikumsplatz in einem bekannten Berliner Krankenhaus ergattert. Dort schafft er es, in den Dunstkreis des begnadeten, aber kontrovers gesehenen Professors Müller-LaRousse (Herbert Knaup, „In Darkness – Eine wahre Geschichte“) zu kommen. Mit einer kleinen Gruppe talentierter, ethisch nicht immer regelfester Ärzte wie Viktoria (Heike Makatsch, „Das schönste Mädchen der Welt“), Gregor (Wotan Wilke Möhring, „Das perfekte Geheimnis“) und Hagen (Roman Knizka) treibt der Professor im Geheimen die Entwicklung künstlicher Muskelstränge voran. Jo hofft, seinem Bruder damit helfen zu können und unterstützt die Gruppe sogar mit gefährlichen Selbstversuchen. Als er dann aber nähere Informationen über einen rätselhaften Todesfall im Krankenhaus erhält, schwindet sein Vertrauen.

 

Kritik: Knappe drei Jahre nach dem Erfolg des ersten Teils und einige Stunde des guten Zuredens durch das Produzenten-Team waren vergangen, als Stefan Ruzowitzky abermals als Autor und Regisseur für „Anatomie 2“ die Verantwortung übernahm. Der Film wirkt dabei mehr wie der zweite Teil einer Anthologie-Reihe rund um die Antihippokraten als ein wirkliches Sequel. Mit dieser mutigen Herangehensweise, die Formel des Vorgängers nicht noch einmal anzupacken, haben andere Horror-Franchises nicht immer gefeierte, aber durchaus lohnende und kreative Beiträge (wie „Halloween 3“) geliefert.

Viktoria ist leidensfähig (© Justbridge Entertainment)

Viktoria ist leidensfähig (© Justbridge Entertainment)

Abseits des Metiers ist hier sehr viel anders. Optisch ist der Film schmutziger, die Schnitte sind schneller, er Ton geht in eine komplett neue Richtung. Große Innovationen bleiben aber auf der Strecke. So wirkt „Anatomie 2“ eher wie eine abgespeckte Light-Version des Kultfilms „Flatliners“, der zwar dem faktischen Remake von selbigem Werk überlegen, deshalb – abseits einer großartigen Einführungssequenz mit August Diehl – aber nicht zwingend als gelungen gelten muss. So ist das Gezeigte zwar temporeich genug, um nie langweilig zu werden, bleibt aber relativ banal und spannungsarm.

Rund um den damals noch unbekannten Barnaby Metschurat tobt sich ein etwas überdrehter Cast um Herbert Knaup, Heike Makatsch und Wotan Wilke Möhring nach Strich und Faden aus, ohne dabei tiefgreifende Qualitäten liefern zu müssen. Franka Potente gibt in einer Minirolle das Bindeglied zum Vorgänger.

Auch wenn „Anatomie 2“ (zumindest im Reihen-Kontext) eigene Wege geht und als seichte Thriller-Kost unterhält, bleibt die Gesehene zu albern und hölzern, um am Ende mehr als passabel zu sein.

2,5 von 5 Punkten

Die Filme ab dem 27.08.2021 als Doppel-DVD und im Mediabook erhältlich.

Gretchen hat einen neuen Typen im Blick (© Justbridge Entertainment)

Gretchen hat einen neuen Typen im Blick (© Justbridge Entertainment)

Bild: Der erste Teil sieht in HD eher durchschnittlich aus. Schärfe und Detaildarstellung sind bis auf Kleinigkeiten ordentlich. Die meistens eher kühle, bei den Außenaufnahmen am See aber auch angenehm warme Farbpalette kann durchaus überzeugen. Dafür ist das Bild manchmal arg körnig sowie unsauber und wirkt an anderen Enden schon fast steril. Hinzu kommt ein recht regelmäßiges Überstrahlen der Farben, was vermutlich von künstlichem Nachschärfen stammt. Kontraste und Schwarzwert verursachen aber keine nennenswerten Probleme.
Zumindest hier geht der zweite Teil als Gewinner hervor. Obwohl Look und Atmosphäre bewusst etwas dreckiger sind, ist das Bild etwas weniger körnig, ohne dabei unnatürlich und nachbearbeitet zu wirken. Schärfe und Detaildarstellung sind für einen 18 Jahre alten Film zufriedenstellend. Die Farbpalette ist abwechslungsreich und recht natürlich, der Schwarzwert gut eingestellt und auch sonst gibt es keine zu großen Kritikpunkte.

3,5 von 5 Punkten

 

Ton: Eine deutsche und eine englische DTS-HD MA 5.1-Spur (auf dem Cover steht DTS 5.1) liegen zu „Anatomie“ bei. Die in allen Belangen eher billig klingende (englische) Synchronfassung mit etwas dumpfen, wahrlich nicht auf die Lippenbewegungen passenden Dialogen dürfte hier allenfalls als trashiger Bonus herhalten. Im Gegenzug ist die deutsche Version für einen 20 Jahre alten Film zufriedenstellend. So sind die Dialoge immer gut verständlich und klingen natürlich. Musik und Hintergrundgeräusche (z.B. bei den Vorlesungen) sind mit einem gewissen Maß an Räumlichkeit ausgestattet.

Der zweite Teil enthält eine brauchbare deutsche DTS-HD MA 5.1-Spur (wieder: nicht DTS 5.1). Da der Film einen höheren Action-Anteil hat, sind auch Bässe und Effekte etwas präsenter. Allgemein ist der Sound solide abgemischt. Die Dialogwiedergabe ist auch hier vollkommen in Ordnung.

3,5 von 5 Punkten

Extras: In der gewohnt stabilen Hülle befindet sich ein 20-Seiten-Booklet mit Filmbildern und lesenswerten Texten von Christoph N. Kellerbach. Beim ersten „Anatomie“ sind (in SD und ohne Untertitel) ein Making of (5 Minuten), ein Featurette zu den Effekten (2 Minuten), ein Storyboard-Szenen-Vergleich (3 Minuten), ein paar Interviews (21 Minuten) und zwei entfernte Szenen (5 Minuten) als Bonus vorhanden. Zu „Anatomie 2“ liegt noch ein Making of (17 Minuten) in SD mit nicht optionalen englischen Untertiteln und ein Trailer bei.

3 von 5 Punkten

Gesamt: 3 von 5 Punkten


Quelle: TschabaTrailer, YouTube

Anatomie & Anatomie 2

Originaltitel:Anatomie & Anatomie 2
Regie:Stefan Ruzowitzky
Darsteller:Franka Potente, Benno Führmann, Anna Loos, Barnaby Metschurat, Heike Makatsch
Genre:Horror, Thriller
Produktionsland/-jahr:Deutschland, 2000/2003
Verleih:Justbridge Entertainment
Länge:103/101 Minuten
FSK:ab 16 Jahren

Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von Justbridge Entertainment

Verfasst von Thomas.

Zuletzt geändert am 23.08.2021
Review: Anatomie 1+2 (Mediabook)

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