Inhalt: Seit vielen Jahren möchte der ehemalige Soldat Will (Ben Foster) nichts mehr mit der Gesellschaft zu tun haben. Er lebt mit seiner Tochter Tom (Thomasin McKenzie) in einem Wald in Portland, wo sich die beiden ein echtes Leben aufbauen konnten. Sie ernähren sich zu großen Teilen von selbstgesetzten oder gefundenen Lebensmitteln wie Gemüse und Pilzen. Nur gelegentlich kaufen sie in der Stadt im Supermarkt ein, was sie durch den Verkauf von Wills verschriebenen Medikamenten aus dem Veteranen-Krankenhaus finanzieren. Doch eines Tages ist ihre alternative Existenz vorbei, als ihr Versteck von Park-Rangern entdeckt wird. Die beiden bekommen ein kleines Haus gestellt, Will wird ein Job vermittelt und Tom soll zur Schule gehen. Während sich das Mädchen so langsam in die Gegebenheiten einfindet, sehnt sich ihr Vater schon bald wieder nach der Einsamkeit.
Kritik: Es ist inzwischen schon acht Jahre her, seitdem Autoren-Filmerin Debra Granik mit der beklemmenden Milieustudie „Winter’s Bone“ einen gewaltigen Independent-Hit landen konnte, der es sogar zu vier Nominierungen bei den Oscars brachte. Fast beiläufig war der Film der Startschuss für die folgende Weltkarriere von Jennifer Lawrence. Nun kehrt sie mit ihrem insgesamt dritten Spielfilm zurück. Basierend auf dem Buch „My Abandonment“ von Peter Rock entsteht ein gut beobachtetes Drama um einen Mann, der mit seiner Tochter aus der Gesellschaft ausgestiegen ist. Thematisch sind natürlich die Ähnlichkeiten zu der preisgekrönten 2016er-Indie-Perle „Captain Fantastic – Einmal Wildnis und zurück“ unverkennbar, die aber einen anderen Fokus als dieser Film setzt. So werden die Motivationen hier nur angedeutet, die Will und seine Tochter zu diesem ungewöhnlichen Leben getrieben haben.
Viel mehr steigt Granik wie in „Winter’s Bone“ in ein – ungleich anderes – Milieu ein, das in den USA durchaus existent ist. Hierbei wird der Zuschauer nur selten an die Hand genommen und dazu aufgefordert, sich eigene Gedanken über die Vorzüge und Nachteile eines solchen Lebensstils zu machen. Dabei ist vor allem Tochter Tom der emotionale Anker des Geschehens. Mit ihr – die nicht durch eigene Entscheidungen in diese Situation gekommen ist – kann der Zuschauer der Handlung folgen. Es gelingt, die Distanz zu überwinden und einen interessanten, in seinen besten Momenten wirklich packenden Film zu liefern.
Der wäre wohl kaum entstanden, wenn Granik nicht erneut einen Jungstar mit großen Potenzial gefunden hätte. Die mittlerweile 17 Jahre alte Neuseeländerin Thomasin McKenzie spielt ihren Part mit so viel Tiefgang und Nahbarkeit, dass ein baldiger Karrieresprung nur folgerichtig wäre. Ben Foster ist darstellerisch einer der unbesungenen Helden Hollywoods. Selbst wenn er in manchen Rollen merklich nur für den Gehaltscheck auftritt, hat er in Filmen wie „Hell Or High Water“ seine außergewöhnlichen Fähigkeiten bereits mehrmals nachgewiesen. In der eigentlich recht undankbaren Part als verschrobener Will trifft er auch ohne große Worte fast immer den richtigen Ton. Darüber hinaus geben Charakterköpfe wie Jeff Kober („Sully“) und Dale Dickey („Regression“) auch noch einigen Nebenparts Gewicht.
Obwohl der Film nie so intensiv wie „Winter’s Bone“ oder so rund wie „Captain Fantastic“ wirkt, liefert Debra Granik ein ungewöhnliches und absolut gelungenes Sozialdrama, das mit Thomasin McKenzie auch noch eine der spannendsten Newcomerinnen des Jahres präsentiert.
4 von 5 Punkten
Quelle: Sony Pictures Germany, Leinwandreporter TV, YouTube
Leave No Trace
Originaltitel: | Leave No Trace |
Regie: | Debra Granik |
Darsteller: | Ben Foster, Thomasin McKenzie, Jeff Kober |
Genre: | Drama |
Produktionsland/-jahr: | USA, 2018 |
Verleih: | Sony Pictures Germany |
Länge: | 109 Minuten |
FSK: | ab 12 Jahren |
Mehr Informationen zum Film findet ihr auf der Seite von Sony Pictures Germany
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 11.09.2018
Review: Leave No Trace (Kino)