Review: Manchester by the Sea

Das Plakat von "Manchester by the Sea" (© Universal Pictures Germany)

Das Plakat von “Manchester by the Sea” (© Universal Pictures Germany)

Inhalt: Lee Chandler (Casey Affleck, „Triple 9“) ist ein komplett unauffälliger Kerl. Er ist still, nicht besonders gesellig, erledigt seinen Job als Hausmeister aber anstandslos. Nur wenn er trinkt, bricht es manchmal aus ihm heraus. Schon kleine Provokationen sorgen für Gewaltausbrüche bei ihm. Als er eines Tages einen Anruf bekommt, wird sein so geordneter Tagesablauf zwischen Klempnerarbeiten und Bier an der Theke aus den Angeln gehoben. Sein innig geliebter Bruder Joe (Kyle Chandler, „Carol“) ist an einem Herzanfall gestorben. Er kommt zurück in seine Heimatstadt Manchester an der amerikanischen Ostküste, wo er sich um den Nachlass kümmern will. Doch sein Bruder wartet mit einer handfesten Überraschung im Testament auf. Da die Mutter Elise (Gretchen Mol, „Finding Graceland – Unterwegs mit Elvis“) absolut erziehungsunfähig ist, soll Lee der Vormund für seinen 16 Jahre alten Neffen Patrick (Lucas Hedges, „Grand Budapest Hotel“) werden. Er weiß nicht, wie er darauf reagieren soll. In der Stadt hat er einen üblen Ruf und eckt bei jedem an. Daneben erinnert ihn alles vor Ort an ein furchtbares Ereignis, das die Ehe von ihm und seiner Ex Randi (Michelle Williams, „Certain Women“) zerstört hat. Lee muss eine Lösung finden, wie er sein Leben weiterführen kann, ohne die Zukunft von Patrick zu zerstören.

 

Kritik: Als Autor hatte Kenneth Lonergan bereits Werke wie die urkomische Mafia-Komödie „Reine Nervensache“ und das Scorsese-Meisterwerk „Gangs of New York“ zu verantworten. Doch als Regisseur konnte Lonergan nach seinem gefeierten Debüt „You Can Count On Me“ im Jahr 2000 nur noch das Drama „Margaret“ veröffentlichen, das mit mehr als vier Jahren Dauer, die zwischen Dreh und Release in 2011 lagen, (trotz sichtbarer Qualitäten) nicht unbedingt als großer Erfolg gelten kann. Fünf Jahre später meldet er sich mit diesem Familiendrama zurück. In winterlicher Atmosphäre erzählt er die Geschichte eines Mannes, der nach einem großen Verlust gezwungen ist, wieder Verantwortung zu übernehmen. Nur langsam nähert sich der Film an den stillen Einzelgänger an. In Rückblenden lernt der Zuschauer die Beziehung Lees zu seinem Bruder und seinem Neffen kennen. Außerdem ergibt sich nach und nach, warum der Protagonist so geworden ist, wie er sich heute gibt.

Noch sind die Brüder vereint (© Universal Pictures Germany)

Noch sind die Brüder vereint (© Universal Pictures Germany)

Dabei nimmt sich Lonergan Zeit, die Geschichte langsam entstehen zu lassen. Mit Einfühlungsvermögen konzentriert sich der Film vor allem auf die Beziehung von Lee und Patrick. Streckenweise ernst und beklemmend, an anderen Stellen wieder erfrischend amüsant finden der beliebte Schüler und sein wortkarger Onkel langsam einen gemeinsamen Weg. Getragen wird das Geschehen von der vielleicht besten Performance in der Karriere von Casey Affleck. Er gibt diese schwierige Figur, die zwischen Zorn, Welthass und familiären Verpflichtungen steht, so subtil und dabei nuanciert, dass er nicht umsonst immer wieder als Kandidat für den nächsten Hauptdarsteller-Oscar genannt wird. Dazu funktioniert die Kombination mit dem jungen Lucas Hedges nahezu perfekt, der seine Figur Patrick mit Charme und jugendlicher Unbedarftheit spielt. Auch wenn sie nicht einmal besonders viel Spielzeit hat, gelingt es Michelle Williams, mit ein paar starken Szenen einen tollen Eindruck zu hinterlassen. Diesen Raum bekommt Kyle Chandler nicht, der ausschließlich in Rückblenden auftreten darf. Dazu kommen noch in kleinen Rollen Gretchen Mol, Kara Hayward („Moonrise Kingdom“ ) und Matthew Broderick.

Manche Filme sind so zurückhaltend, dass man fast übersieht, wie gut sie eigentlich sind. „Manchester by the Sea“ ist da so ein typischer Fall. Dieses kleine, intelligente Drama rund um die Verarbeitung von Trauer füllt seine etwas ausufernden 135 Minuten Spielzeit durchgängig mit Leben und beinhaltet fast beiläufig durch Casey Affleck noch eine der besten Darstellerleistungen dieses Jahres.

4 von 5 Punkten

Der Film ist ab dem 16.11.2021 im Programm von Netflix zu sehen.


Quelle: Universal Pictures Germany, Leinwandreporter TV, YouTube

Manchester by the Sea

Originaltitel:Manchester by the Sea
Regie:Kenneth Lonergan
Darsteller:Casey Affleck, Michelle Williams, Kyle Chandler, Lucas Hedges
Genre:Drama
Produktionsland/-jahr:USA, 2016
Verleih:Universal Pictures Germany
Länge: 135 MinutenFSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 19.01.2017

Verfasst von Thomas.

Zuletzt geändert am 17.12.2016
Review: Manchester by the Sea (Kino)

Leave A Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wir setzen Google Analytics, einen Webanalysedienst der Google Inc. („Google“) ein. Google verwendet Cookies. Wir setzen Google Analytics nur mit aktivierter IP-Anonymisierung ein.  Mehr Informationen zur Verwendung von Google Analytics finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. Diese pseudonymisiert erhobenen Daten helfen uns, ein besser auf das Leser-Interesse abgestimmtes Programm anzubieten. Hier klicken um dich auszutragen.
Consent Management Platform von Real Cookie Banner