Ein ziemlich buntes Filmjahr 2015 neigt sich dem Ende zu. Es gab eine Menge guter und eine Menge schlechter Filme. Dazu kam eine ganz Masse Produktionen, die so mittelmäßig waren, dass sie schnell wieder in Vergessenheit geraten sind.
Da Ranglisten immer etwas Schönes sind (:-P), habe ich einmal überlegt, welche Filme in diesem Jahr besonders nachhaltig beeindruckt haben. Dabei sind einige Werke, obwohl sie punktemäßig hinter anderen gestanden haben, noch einmal aufgerückt, da sie trotz vorhandener kleiner Fehler, mit Kreativität, Spaß und anderen Alleinstellungsmerkmalen dafür gesorgt haben, dass man (bzw. ich) sich besonders gerne an sie erinnert. Dagegen haben andere trotz handwerklich hervorragender Arbeit den Weg ins Langzeit-Gedächtnis nicht geschafft.
Hier sind also meine zehn persönlichen Filme des Jahres (Stichtag ist der deutsche Release):
10. The Guest
Gleich zu Beginn das wahrscheinlich unterhaltsamste B-Movie des Jahres. Adam Wingard hatte schon mit “You’re Next” für einen der besten Slasher-Beiträge der vergangenen Jahre gesorgt. In diesem Film orientiert er sich wieder stark am Kino der 80er-Jahre. Ein unglaublich stylischer, aber nie aufdringlicher Look und ein grandioser Soundtrack tragen diesen eigentlich simpel gestrickten Thriller. Mit Humor, ordentlicher Härte und einer temporeichen Inszenierung entsteht ein ausgesprochen kurzweiliger Film, der wie der sympathische kleine Bruder von “Drive” wirkt. Dazu kommen starke Auftritte der talentierten Maika Monroe und des herrlich coolen Dan Stevens, die diesen kleinen aber feinen Film zu einem echten Erlebnis machen.
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9. Mission: Impossible – Rogue Nation
Ohne begeistert von der Reihe gewesen zu sein, musste ich aufhorchen, als Christopher McQuarrie (Drehbuch-Oscar für “Die übliche Verdächtigen”) Skript und Regie übernahm. Herausgekommen ist ein durchaus komplexer, Action-reicher, humorvoller Film, der beste Popcorn-Unterhaltung bietet und das Optimum aus dem Potenzial der Reihe herausholt. Eine herrliche Verfolgungsjagd, ein schwindelfreier Flugzeug-Stunt und ein Over the Top-Heist-Szenario werden von gut geschriebenen und von stark aufgelegten Darstellern verkörperten Figuren getragen. Während die Fitness von Tom Cruise immer mehr zum Phänomen wird und Simon Pegg gewohnt amüsant ist, sind vor allem zwei Neuzugänge des Franchises herausragend. Nachdem ihre Vorgängerinnen ausnahmslos eher blass waren, spielt Rebecca Ferguson ihre Kollegen zeitweise an die Wand und beweist echtes Star-Potenzial. Sean Harris ist als pragmatischer, emotional unterkühlter Fiesling eine absolute Erscheinung. So selten es vor kommt, ist der fünfte der bislang vielleicht überzeugendste Film der “Mission: Impossible” Reihe und zugleich einer der stärksten Blockbuster des Jahres.
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8. Alles steht Kopf
Ich muss mich als nicht gerade großer Fan von Animations-Filmen outen, weswegen es mich um so mehr überrascht hat, wie großartig mir “Alles steht Kopf” gefallen hat. Der Pixar-Film schafft es, intelligente Unterhaltung zu zeigen, die Erwachsene und Kinder auf zwei verschiedenen Ebenen vergleichbar gut unterhält. Mit wie viel Charme, Esprit und Cleverness die Geschichte erzählt wird, kombiniert mit den grandiosen Animationen, dürften den Film schon bald zu einem Klassiker machen.
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7. Ex_Machina
Ein smarter Science Fiction-Film, der sich unaufdringlich mit ethischen Fragen auseinander setzt, bestens unterhält und die meiste Zeit nur in einem Gebäude spielt. “Ex_Machina” gelingt genau das und benötigt dafür auch nur drei tragende Darsteller. Domhnall Gleeson als schüchternes Programmier-Talent, Oscar Isaac als charismatische Erfinder und Alicia Vikander als seine Schöpfung, eine künstliche Intelligenz, gehen der Frage auf den Grund, ab wann etwas lebendig ist. Das Ergebnis ist höchst spannend, überraschend augenzwinkernd, schauspielerisch grandios (Golden Globe-Nominierung für Vikander) und gehört auch mit kleinen Mitteln zu den eindrucksvollsten Filmen des Jahres.
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6. It Follows
Im Allgemeinen war 2015 ein ziemlich schwaches Jahr für Horror-Fans. Verzichtbare Forsetzungen wie “Insidious 3” und “Sinister 2” gehörten tatsächlich noch in die obere Hälfte der diesjährigen Releases. Wer hätte gedacht, dass ein Indie-Film rund um einen Fluch, der durch Sex übertragen wird, zur hervorragenden Ausnahme wird. “It Follows” von David Robert Mitchell besticht durch einen einzigartigen Look und einen tollen Score, die einen großen Teil zur Entstehung der packenden Atmosphäre beitragen. Ein ideal besetzter Cast rund um die hochbegabte Maika Monroe (sieh auch Platz 10) agiert währenddessen weit über dem Genreschnitt. Ohne große Effekte spielt der Film mit den menschlichen Urängsten und sorgt dafür, dass nicht nur die Charaktere das eine oder andere Mal besorgt über die Schulter schauen.
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5. Sicario
Nach dem genialen Entführungsthriller “Prisoners” und der doppelbödigen Identitätssuche “Enemy” wendete sich Regisseur Denis Villeneuve hier dem Drogenkrieg zu. Die Action ist brutal und krachend, was aber in keinster Weise bedeutet, dass der Film oberflächlich wäre. Tatsächlich beleuchtet er die seit langem tobende Problematik von mehreren Blickwinkeln und zeigt schonungslos, dass auch auf amerikanischer Seite einiges an Schuld zu suchen ist. Darüber hinaus überrascht der Film als intelligentes Charakterstück, das vor allem durch die Gala-Auftritte von Emily Blunt und Benicio del Toro noch einmal gewinnt.
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4. The Look of Silence
Der einzige “Non Fiction”-Beitrag in dieser Liste. Joshua Oppenheimer hat viele Jahre in Indonesien verbracht, um dort Dokumentarfilme über den kaum beachteten Genozid in den 60er-Jahren zu drehen. 2012 erschien “The Act of Killing”, wo er Mörder von damals, die heute noch hohe Positionen im Land bekleiden, in ihrem Alltag begleitet hat. Gerade da das Geschehen an vielen Stellen grotesk und schrill wirkte, war der Film so eindringlich und brillant. “The Look of Silence” ist nun der Komplementär, in dem Oppenheimer eine Familie zeigt, deren ältester Sohn damals ermordet wurde. Der jüngere Bruder begleitet den Filmemacher und stellt in seiner Funktion als Optiker die Schuldigen von damals – unter Gefahr für sein eigenes Leben – zur Rede. Dieser zweite Film ist deutlich anders und wesentlich gradliniger wie sein Vorgänger, ist aber in keinster Weise weniger beklemmend und aufrüttelnd. So ist auch “The Look of Silence” ein Meisterwerk des Dokumentarfilmes und dürfte bei jedem Zuschauer noch einige Zeit im Kopf arbeiten.
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3. Der Marsianer – Rettet Mark Watney
Ridley Scott scheint wirklich am besten zu sein, wenn er ins Weltall darf. Diese Verfilmung des Bestsellers von Andy Weir ist spannend, äußerst humorvoll und unglaublich originell. Matt Damon als “Weltall-Robinson” ist eine der denkwürdigsten Filmfiguren dieses Jahres. Dabei gelingt es Scott und seinem Team, den starken Roman genau an den richtigen Stellen zu kürzen. Egal ob Watney gerade Mars-Kartoffeln anbaut, die Daheimgebliebenen über Funk beschimpft, oder diese an einem neuen skurrilen Plan für seine Rettung arbeiten: “Der Marsianer – Rettet Mark Watney” ist kluges und extrem kurzweiliges Popcorn-Kino, das auch bei den Oscars eine gehörige Rolle spielen wird.
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2. Whiplash
Wie spannend kann schon ein Film über eine Musikschule sein? Äußerst spannend, wie “Whiplash” von Damien Chazelle spektakulär beweist. Die kleine Produktion, die zu Beginn des Jahres mit drei Oscars ausgezeichnet wurde, entpuppt sich als clevere Charakterstudie, Psychothriller und in gewissem Rahmen auch als schwarze Komödie. Das Duell zwischen dem überehrgeizigen Andrew und seinem nicht minder erfolgshungrigen, cholerisch veranlagten Lehrer Terrence fesselt von der ersten bis zur letzten Sekunde. Der Film wird getragen von den atemberaubenden Darbietungen von Miles Teller und J.K. Simmons (Nebendarsteller-Oscar), die die ohnehin großartigen Dialoge auf ein neues Level heben. Bis zum perfekten Finale liefert der Film außerdem eine ganze Reihe denkwürdiger Szenen, die ihn mit Sicherheit zu einem Klassiker der Indie-Szene machen werden.
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1. Star Wars: Das Erwachen der Macht
Es war der mit der meisten Spannung erwartete Film des Jahres. Könnte nach dem Wechsel zu Disney der siebte Teil der “Star Wars”-Saga die schwachen Prequel-Filme vergessen und die Reihe mit Harrison Ford, Carrie Fisher und Mark Hamill zu alter Stärke zurückkehren lassen? Regisseur J.J. Abrams begab sich an diese Mammut-Aufgabe und meisterte sie mit Bravour. Der Film versprüht die Magie der alten Trilogie, verneigt sich dabei deutlich vor dieser, ohne zu einer Phase zum Remake zu verkommen. Besonders Harrison Ford spielt, als wäre er nie weg gewesen. Dazu kommen mit Daisy Ridley und John Boyega zwei neue Stars, die optimal in dieses Universum passen und Adam Driver, der sich als erstaunlich gute Wahl für den neuen Bösewicht Kylo Ren entpuppt. “Star Wars: Das Erwachen der Macht” ist perfekt durchkomponiertes Blockbuster-Kino, das im Prinzip jeden wirklichen Fan der Reihe – unabhängig von der Generation – begeistern sollte und dem gewaltigen Hype sowie den täglich fallenden Rekorden absolut gerecht wird.
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Das war also meine Spitze des sehr ordentlichen 2015er-Jahrgangs. Ich freue mich schon sehr auf ein ebenso abwechslungsreiches Film-Jahr 2016 und wünsche euch allen bis dahin einen guten Rutsch.