Inhalt: Vor fünf Jahren hat der Kleinkriminelle Ricky (Moritz Bleibtreu, „Lommbock“) versucht, mit seinem Halbbruder Rafael (Edin Hasanovic, „Herbert“) und seinem besten Kumpel Latif (Kida Khodr Ramadan, „Volt“) einen Raub durchzuziehen. Der Plan ging gewaltig nach hinten los. Während Latif fliehen konnte, landeten die Brüder im Gefängnis. Rafael wurde früher wieder entlassen, da er nur für das Fluchtfahrzeug zuständig war. Nun möchte Ricky nach seiner Haftentlassung einen Neustart wagen. Da ihm das Geld fehlt, um eine eigene Kneipe zu eröffnen, lässt er sich von Latif für einen neuen, sicheren Coup einspannen. Sie sollen für die albanische Mafia Heroin stehlen. Auch Rafael, der Geld braucht, um eine Familie zu gründen, steigt bei dem Plan mit ein. Tatsächlich läuft alles gut, bis sie auf dem Rückweg von der finanziell gebeutelten Polizistin Diane (Birgit Minichmayr, „Gnade“) wegen eines Rücklichts angehalten werden. Die Situation eskaliert und die Brüder verlieren die so dringend benötigten Drogen. Zwischen erdrückenden Schulden, Plänen, ihren Fehler auszubügeln und der Zeit, die Ricky für die Pflege seines senilen Vaters (Peter Simonischek) aufbringen muss, rückt der Traum von einer schönen Zukunft in weite Ferne.
Kritik: Im Jahr 2008 gelang dem Hamburger Autor und Regisseur Özgür Yildirim mit dem Überraschungs-Hit „Chiko“ der Durchbruch. Der stimmige Milieu-Film sorgte dafür, dass Yildirim bei vielen Kinogängern als einer der ambitioniertesten Nachwuchsfilmemacher auf dem Radar auftauchte. Nach dem verzichtbaren „Blutzbrüdaz“ und dem gelungenen „Boy 7“ wendet er sich jetzt wieder dem Gangster-Milieu zu. Obwohl die Geschichte vom letzten, entscheidenden Coup – der natürlich schief geht – so alt ist wie das Kino selbst, zeigt Özgür Yildirim mal wieder seine Stilsicherheit. So entsteht ein schick gefilmter, äußerst atmosphärischer Film, der auch so gut funktioniert, weil er sich aufrichtig anfühlt. Mit gut geschriebenen und vorgetragenen Dialogen, überzeugend gewählten Settings und dem entsprechenden Hip Hop-Soundtrack zur Untermalung entwickelt sich ein stimmiges Gesamtbild.
Ein wichtiges Element, um einen derartigen Genre-Film funktionieren zu lassen, ist die Besetzung von glaubwürdigen Charakterköpfen. Mit Moritz Bleibtreu, der bereits in „Chiko“ dabei war und hier sogar als Produzent tätig wird, wurde ein nahezu idealer Hauptdarsteller gefunden. Er entwickelt einen jederzeit starken Charakter, der als Figur von der Straße funktioniert und als diese verständliche (nicht zwingend kluge) Entscheidungen trifft. Dabei ist er aber sympathisch genug, um als Protagonist zu funktionieren. Ähnliches gilt für Edin Hasanovic, der mit seiner – von Franziska Wulf gut verkörperten – Verlobten eigentlich nur ein neues Leben beginnen will, sich dabei aber immer wieder selbst im Weg steht.
Spätestens seit seinem großartigen Auftritt in „4 Blocks“ ist Kima Khodr Ramadan eine fast unvermeidliche Besetzung für einen solchen Film. Auch hier gelingt es ihm, den gutherzigen Familienmensch mit dem knallharten Gangster in Einklang zu bringen. Birgit Minichmayr bietet einen starken Gegenentwurf zu den anderen Figuren. Als wortkarge, integre Polizistin, die durch eine verzweifelte Situation eine düstere Entscheidung treffen muss, zeigt auch sie einen starken Part. Die Nebenbesetzung um Peter „Toni Erdmann“ Simonischek und Alexandra Maria Lara („Rush – Alles für den Sieg“) reiht sich mit ordentlichen Auftritten in das gute Gesamtbild ein.
„Nur Gott kann mich richten“ ist sicherlich kein Film, der gewaltige Spuren in der Branche hinterlassen wird. Das dürfte aber auch nicht der Anspruch von Yildirim und seinem Team gewesen sein. Stattdessen gibt es 100 sauber inszenierte Minuten, die ebenso stylisch wie kurzweilig sind und bis zu ihrem blutigen Finale gelungene Unterhaltung liefern.
3,5 von 5 Punkten
Quelle: Constantin Film, YouTube
Nur Gott kann mich richten
Originaltitel: | Nur Gott kann mich richten |
Regie: | Özgür Yildirim |
Darsteller: | Moritz Bleibtreu, Birgit Minichmayr, Edin Hasanovic, Kida Khodr Ramadan, Franziska Wulf, Peter Simonischek, Tim Wilde, Alexandra Maria Lara |
Genre: | Thriller, Action, Gangsterfilm |
Produktionsland/-jahr: | Deutschland, 2017 |
Verleih: | Constantin Film |
Länge: 100 Minuten | FSK: ab 16 Jahren |
Kinostart: | 25.01.2018 |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von Constantin Film
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 25.01.2018
Review: Nur Gott kann mich richten (Kino)