Review: Mandy (Fantasy Filmfest)

Das Mediabook-Artwork von "Mandy" (© Koch Films)

Das Mediabook-Artwork von “Mandy” (© Koch Films)

Inhalt: Unter einfachen Verhältnissen, aber absolut zufrieden, leben Red Miller (Nicolas Cage, „The Humanity Bureau – Flucht aus New America“) und seine Frau Mandy (Andrea Riseborough, „The Death of Stalin“) in einer abgelegenen Waldhütte. Eines Tages wird Mandy von dem Sektenanführer Jeremiah Sand (Linus Roache, „Non-Stop“) beobachtet, der sie umgehend rekrutieren will. Mit Hilfe von seinen Unterstützern wie Marlene (Olwen Fouéré) und Swan (Ned Dennehy, „Kind 44“) überfällt er die Millers. Während der verletzte und gefesselte Red nur zuschauen kann, beschwört Jeremiah Mandy, ihm zu folgen. Als die wehrhafte Frau nur Spott für ihn übrig hat, lässt der er Mandy vor den Augen ihres entsetzten Mannes ermorden. Nachdem er sich selbst befreien kann, hat Red nur noch ein Ziel: Rache. Bis unter die Zähne bewaffnet, macht er sich auf die Suche nach den religiösen Fanatikern.

Kritik: Im Jahr 2010 hatte Autor und Regisseur Panos Cosmatos mit „Beyond the Black Sky“ seinen ersten Film veröffentlicht. Während der visuelle Stil, der für eine betörende aber auch verstörende Atmosphäre sorgte, von allen Seiten gelobt wurde, schnitt der Film allgemein eher mittelmäßig ab. Es sollte acht Jahre dauern, bis Cosmatos ein Zweitwerk nachlegte. Beim Festival in Cannes, bei dem das Publikum nur bedingt für sein Herz für Genrekino bekannt ist, wurde der Film vorgestellt. Zur allgemeinen Überraschung wurde das Werk mit donnerndem Applaus geadelt. Doch ist eine – auf dem Papier – geradlinige Rache-Geschichte mit Referenzen an Slasherfilme aus den 80er-Jahren wirklich genug, um mehr als durchschnittlich zu sein?

Red hat einen schlechten Tag (© Koch Films)

Red hat einen schlechten Tag (© Koch Films)

„Mandy“ ist tatsächlich vieles, was aber auch rein gar nichts mit Durchschnitt zu tun hat. Der auf Rottönen und extremen Close Up-Aufnahmen basierende Look von dem neuen Film von Panos Cosmatos ist zunächst einmal gewöhnungsbedürftig, zieht aber schon bald in seinen Bann. Es entsteht schon rein optisch ein psychedelisch angehauchter Albtraum, der sicherlich zu den außergewöhnlichen Erscheinungen dieses Filmjahres gehört. Es gibt aber noch weitere Bestandteile, die dafür sorgen, dass das Werk zu einem echten Erlebnis wird. Der bereits zweifach für den Oscar nominierte und im Februar überraschend verstorbene Johann Johansson liefert mit seinem Soundtrack eine sensationelle Abschiedsvorstellung. Der surrende, radikale Score gehört zweifelsohne zu den besten des Jahres und verleiht dem Film noch einmal eine eigene Ebene.

Betreffend der Laufbahn von Nicolas Cage ist wahrscheinlich schon alles gesagt worden. In seinen gut 35 Jahren vor der Kamera war er immer ein Mann der Extreme. Von unterschätzten Frühwerken wie „Mondsüchtig“ und „Vampire’s Kiss“, über preisgekrönte Geniestreiche wie „Wild At Heart“ und „Leaving Las Vegas“, bis hin zu den Action-Blockbustern „The Rock“, „Con Air“ und „Face/Off“, hat er in den 80er- und 90er-Jahren Erfolge für die Ewigkeit gefeiert. Mit der Jahrtausendwende entwickelte sich der Nicolas Cage, den heute die meisten kennen: Er wurde kaum noch in tragenden Rollen für große Filme besetzt und begann, seine Werke mit einem Fokus auf Quantität umzusetzen. Das gab ihm den Raum, weiterhin Projekte wie „Lord Of War“, „Bad Lieutenant“ und „Kick/Ass“ zu drehen, ohne zu sehr auf die Gage zu achten. Natürlich sind so massenhaft herrlich überdrehte („Wicker Man – Ritual des Bösen“) und auch vollkommen desinteressierte Auftritte entstanden, die seiner Qualität nicht würdig sind.

Lasst uns beten... (© Koch Films)

Lasst uns beten… (© Koch Films)

Von der reinen Handlung passt „Mandy“ tatsächlich gut in die Vita der letzten Jahre von Cage. Doch statt weitere B-Ware zu zeigen, blüht Nicolas Cage in einem – selbst für seine Verhältnisse – extravaganten Film richtig auf. Gerade weil er sich in der ersten Hälfte des Films mehr im Hintergrund aufhält und auch während des Rachetrips manchmal auf die emotionale Bremse tritt, landen die Momente seines weltbekannten Irrsinns noch besser. Ein von Grunzen und Schreien getragenes Besäufnis in einem Badezimmer ist so ein Moment, den nur der Oscar-Preisträger auf diese Art spielen kann. Auch ansonsten streut er immer wieder wirre Blick und puren Zorn ein und spielt auf ureigene Art einen Part mit Erinnerungswert. Auch Andrea Riseborough als rabiate Titelheldin, Linus Roache als Sektenführer und seine Jünger rund um Ned Dennehey tragen ihren Teil zu „Mandy“ bei. Wenn dann auch noch Charakterköpfe wie Bill Duke und Richard Brake für effektive Kurzauftritte zu sehen sind, rutscht der Film auf seinen Siedepunkt. Obwohl „Mandy“ einen Tiefschlag nach dem nächsten bereithält und mit Schlachtäxten, Kettensägen und Hinrichtungen auf dem Scheiterhaufen einer der brutalsten Filme seit langem ist, verfremdet der Look das Geschehen genug, um nie wie Torture Porn zu wirken.

Insgesamt ist „Mandy“ ein Film, der sicherlich polarisieren wird. Der künstlerisch gestaltete und mit einem großartigen Score versehene Rache-Feldzug funktioniert als Gesamtkunstwerk. Zwischen kleinen Zitaten, einem starken Nicolas Cage und purem Exzess ist diese verstörende Umsetzung einer altbekannten Prämisse einer der originellsten Filme des Jahres und sollte nicht nur für ein hartgesottenes und experimentierfreudiges Publikum einen Blick wert sein.

4,5 von 5 Punkten

Der Film gehört zum Programm des Fantasy Filmfest 2018 und wird von Koch Films am 22.11.2018 auf DVD, im Mediabook und Blu-ray veröffentlicht.


Quelle: Koch Films, YouTube

Mandy

Originaltitel:Mandy
Regie:Panos Cosmatos
Darsteller:Nicolas Cage, Andrea Riseborough, Ned Dennehy
Genre:Horror, Thriller
Produktionsland/-jahr:USA/Belgien, 2018
Verleih:Koch Films
Länge:121 Minuten
FSK:ab 18 Jahren

Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von Koch Media

Verfasst von Thomas.

Zuletzt geändert am 17.09.2018
Review: Mandy (Fantasy Filmfest)

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