Inhalt: Nach langer Gefangenschaft wird der Sklave Django (Jamie Foxx, „Kill the boss“) von dem ehemaligen Zahnarzt Dr. King Schultz (Christoph Waltz, „Inglourious Basterds“) befreit. Schultz arbeitet inzwischen als Kopfgeldjäger und benötigt Djangos Hilfe, um die berüchtigten Brittle-Brüder aufzuspüren, die sich unter neuem Namen im Süden der USA versteckt haben. Diese Brüder hatten Django während seiner Gefangenschaft gefoltert und seine Frau Broomhilda (Kerry Washington, „Ray“) brutal misshandelt und vergewaltigt, weswegen dieser der Jagd gerne zustimmt. Innerhalb kürzester Zeit entdeckt Schultz in seinem Schützling ein Naturtalent, mit dem er zahlreiche Kopfgelder erbeutet. Djangos größte Sorge gilt aber seiner Frau, da er keine Ahnung hat, wo sie inzwischen zu finden ist. Eine Spur führt das Duo zur Farm des sadistischen Calvin Candie (Leonardo DiCaprio, „Der große Gatsby“), dessen größtes Vergnügen darin besteht, Sklaven bis zum Tode gegeneinander kämpfen zu lassen. Seine Handlanger Bill (Walton Goggins) und Butch (James Remar, „Dexter“) und der hinterhältige Haussklave Steven (Samuel L. Jackson) stehen seiner Brutalität in nichts nach. Durch einen verschlagenen Plan kommen Schultz und Django mit Candy ins Geschäft.
Kritik: Nach langer Wartezeit war es endlich soweit: Tarantinos erster Western ist in den Kinos. Gleich zu Beginn begleitet den Zuschauer und den Sklaventrupp rund um den Protagonisten ein Chor, der immer wieder „Django“ singt. Der Sound erinnert an Western-Klassiker wie „Spiel mir das Lied vom Tod“, was wohl schon durch die Mitwirkung von Komponisten-Legende Ennio Morricone zu erklären ist. Auch die ebenso waghalsige wie blutige Befreiungsaktion durch den eloquenten Dr. King Schultz steigert die Lust auf die darauffolgenden Minuten (165 sind es insgesamt) um ein weiteres. Tatsächlich stellt sich „Django Unchained“ als der vielleicht beste Quentin Tarantino-Film seit „Pulp Fiction“ heraus. Die Geschichte ist genauso rau und ehrlich, wie sie erschütternd und sehr ironisch ist. Die rund um den Film aufgekommene Kritik bezüglich eines rassistischen Grundtones entpuppt sich als absolut haltlos, da schlicht und ergreifend ein zeitgenössischer Sprachton des Jahres 1858 angeschlagen wird.
Ernster Hintergrund – große Unterhaltung
Viel mehr setzt sich Tarantino kritisch mit einem erschreckenden Kapitel der Geschichte auseinander, welches er selbst auf der Premiere in Berlin als „amerikanischen Holocaust“ bezeichnet hatte. Extreme Brutalität, die in einem Sklavenkampf oder bei einer Hundeattacke auf einen entflohenen Sklaven nahe an die Unerträglichkeit geführt wird, dürfte die meisten Zuschauer schockieren. Gerade der Schachzug, einiges nicht zu zeigen und der Fantasie zu überlassen, macht diese Szenen besonders hart. Leider scheint sich Tarantino in einer Schießerei im späteren Verlauf des Filmes zu sehr an der Gewalt zu ergötzen und hält in diesem Fall unnötig lange auf die zahlreichen Todesopfer, was eindeutig der schwächste Moment in „Django Unchained“ ist. Im Gegensatz benutzt er ebenso effektiv absurden Humor, mit dem er die Täter verhöhnt. Eine Szene, in der Mitglieder des Ku Klux Klan in einen Streit wegen zu kleiner Augenlöcher in den Kapuzen geraten, ist da gesondert hervorzuheben.
Ein weiterer Trumpf ist wieder einmal die Besetzung. Jamie Foxx interpretiert Django als ultra-coolen Rächer und erinnert dabei mehrmals an einen schwarzen Eastwood. Christoph Waltz stiehlt ihm aber in jeder Szene die Show. Jedes wunderbar übertrieben artikulierte Wort, jede Mimik und jede kleine Bewegung von Waltz in der Rolle des windigen Düsseldorfer Kopfgeldjägers King Schultz macht diesen Film etwas besser. Ihm ist es sogar gelungen, seinen Gala-Auftritt aus „Inglourious Basterds“ noch einmal zu toppen, was ihm schon seinen zweiten Golden Globe eingebracht hat. Ein zweiter Oscar wird voraussichtlich folgen.
Leonardo DiCaprio kann als widerlicher Plantagenbesitzer Calvin Candy in einer ungewohnten Rolle glänzen. Ihn umgibt eine furchterregende Aura und er transportiert die Gewissenlosigkeit seiner Figur ohne Probleme. Die vielleicht am meisten beängstigende Rolle spielt aber Samuel L. Jackson als gealterter Haussklave Steven, der aus Angst um die eigene Haut vom Gefolterten zum Folterer geworden ist. Mit seiner Kaltschnäuzigkeit und seinem vorauseilenden Gehorsam personifiziert er Probleme der vergangenen Zeit.
Kerry Washington hat als verschleppte Broomhilda ihr beste Szene, als sie nicht dabei ist und King Schultz zu einer Anekdote über die Siegfried-Sage veranlasst. Sie bekommt insgesamt nicht viel Spielzeit, um sich zu präsentieren. Walton Goggins und James Remar haben als Candys gnadenlose Handlanger mehrere gelungene Momente. Ansonsten gibt es noch einen ganzen Haufen Cameo-Gäste, die wie Quentin Tarantino selbst nur kurz zu sehen sind: Don Johnson („Miami Vice“), Original-„Django“ Franco Nero, Michael Parks („Red State“), Jonah Hill („Moneyball – Die Kunst zu gewinnen“), Tom Savini („From dusk till dawn“) und John Jarrat („Wolf Creek“) sind allesamt auf der Besetzungsliste.
„Django Unchained“ ist der bislang vielleicht ergreifendste und wichtigste Film von Quentin Tarantino. Er behandelt ein schweres Thema auf passende Weise, ohne dabei von seinem unverkennbaren Stil abzuweichen. So gibt es 165 Minuten allerbeste Unterhaltung, die mit tollen Dialogen gespickt ist und eigentlich keine Minute durchhängt. Nur die hier nicht immer geschmackssicheren Gewaltszenen lassen leichte Kritik zu.
4,5 von 5 Punkten
Quelle: Sony Pictures Germany, YouTube
Django Unchained
Originaltitel: | Django Unchained |
Regie: | Quentin Tarantino |
Darsteller: | Jamie Foxx, Christoph Waltz, Leonardo DiCaprio |
Genre: | Western, Action |
Produktionsland/-jahr: | USA, 2012 |
Verleih: | Sony Pictures |
Länge: | 165 Minuten |
FSK: | ab 16 Jahren |
Kinostart: | 17.01.2013 |