Inhalt: Die alleinstehende Wiebke (Nina Hoss, „A Most Wanted Man“) ist Besitzerin eines Reiterhofs, bildet dort Pferde für die Polizeistaffel aus und kümmert sich mit voller Kraft um ihre Adoptivtochter Nicolina (Adelia-Constance Ocleppo). Jetzt hat sie die langersehnte Möglichkeit, ein weiteres Mädchen aus Bulgarien zu adoptieren. Nach tollem Start wird die fünfjährige Raya (Katerina Lipovska) zu echten Problemfall. Sie ist laut, aggressiv, unberechenbar und wird regelrecht gefährlich. Obwohl die Ärzte ihr empfehlen, das Mädchen in einer Spezialeinrichtung behandeln zu lassen, möchte Wiebke das Mädchen selbst erziehen. Dabei vernachlässigt sie nicht nur Nicolina, ihren Job und greift nach jedem Strohhalm. So fallen immer mehr Grenzen.
Kritik: Im Jahr 2013 feierte Katrin Gebbe mit dem finster-unkonventionellen „Tore tanzt“ ein viel beachtetes Regie-Debüt. Nun hat sie einen Nachfolger umgesetzt, wo sie wieder zwischen den Genres variert und nicht ganz zu Unrecht Vergleiche mit Ari Asters Filmen sowie dem Überraschungshit „Systemsprenger“ hervorruft. In atmosphärischen und stilistisch äußerst hochwertigen Bildern taucht „Pelikanblut“ in das Leben der engagierten Wiebke ein, für die keine Aufgabe zu viel zu sein scheint. Auf stillen Füßen entwickelt sich ein fesselndes Drama, in dem die zunächst so putzige Raya ihre Ziehmutter an die Grenzen – und darüber hinaus – befördert. Gerade weil der Film so sehr im Alltag verwurzelt ist, gehen die subtilen Horrorelemente unter die Haut.
„Pelikanblut“ hätte sogar ein noch viel besseres Horrordrama werden können. Da steht aber eine nicht ausgereifte Schlussphase im Weg. Während man die Hilf- und Ziellosigkeit der Protagonistin samt ihrer Fehler noch nachvollziehen kann, sorgt der Plot für ein paar Fragezeichen. Mit eher kruden Metaphern und fehlender Konsequenz lässt der Film einige Möglichkeiten liegen, die er sich vorher intelligent erarbeitet hatte.
Dafür gibt es durchweg interessante schauspielerische Darbietungen zu bewundern. Nina Hoss geht der Weg von der zielgerichteten und immer hilfsbereiten „Powerfrau“ zum starrköpfigen und regelrecht verantwortungslosen Wrack, die ihre Ziehtochter um jeden Preis retten möchte, komplett überzeugend. Die kleine Katerina Lipovska, die nahtlos zwischen niedlich strahlendem Engel und explosivem Satansbraten alterniert, deutet ein großes Talent an. Auch Adelia-Constance Ocleppo, deren große Schwester Nicolina sehr unter dem Verhältnis von Wiebke und Raya leidet, verdient sich hier ein Sonderlob.
Auch in ihrem zweiten Werk als Autorin und Regisseurin macht Katrin Gebbe sehr viel richtig. Als teils radikales Familiendrama mit Elementen aus dem Genre-Kino ist „Pelikanblut“ lange Zeit eindringlich und stark. Selbst wenn dem Geschehen gegen Ende die Luft ausgeht, bleibt ein ambitionierter Film, bei dem die Positivaspekte klar überwiegen.
Der Film ist ab dem 09.04.2021 auf DVD und Blu-ray sowie ab dem 02.04.2021 digital erhältlich.
3,5 von 5 Punkten
Bild: Das kontraststarke, manchmal sonnige, manchmal kühle Bild ist eine verlässliche Qualität des Films. Schärfe und Detaildarstellung sind abseits von ein paar sehr dunklen Sequenzen wirklich gut. Die durchgestylte Farbpalette passt immer zum Geschehen. Abseits von ein paar Kleinigkeiten ist das Bild ruhig und sauber.
4 von 5 Punkten
Ton: Der deutsche DTS-HD MA 5.1-Ton ist verlustlos und kann im Rahmen seiner Möglichkeiten überzeugen. Es gibt sogar ein paar nette Effekte zu bewundern, die durch Score und Hintergrundgeräusche (z.B. Pferdegetrampel) verursacht werden. Die Dialogwiedergabe wirkt immer natürlich. Auch ansonsten wurde die Tonspur sehr ordentlich abgemischt.
4 von 5 Punkten
Extras: Ein paar Trailer bleiben der einzige Bonus der Blu-ray.
1 von 5 Punkten
Gesamt: 3,5 von 5 Punkten
Der Film ist ab dem 06.04.2023 bei Netflix zu sehen.
Quelle: DCM, YouTube
Pelikanblut - Aus Liebe zu meiner Tochter
Originaltitel: | Pelikanblut - Aus Liebe zu meiner Tochter |
Regie: | Katrin Gebbe |
Darsteller: | Nina Hoss, Murathan Muslu, Sophie Pfennigstorf |
Genre: | Drama |
Produktionsland/-jahr: | Deutschland, 2019 |
Verleih: | DCM |
Länge: | 127 Minuten |
FSK: | ab 16 Jahren |
Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von DCM
Verfasst von Thomas.
Zuletzt geändert am 29.03.2023
Review: Pelikanblut (Blu-ray)