Review: Lieber Thomas (Film Festival Cologne)

Das Plakat von "Lieber Thomas" (© Wild Bunch Germany)

Das Plakat von “Lieber Thomas” (© Wild Bunch Germany)

Inhalt: Der junge Student Thomas Brasch (Albrecht Schuch) liebt es, alles und jeden zu hinterfragen. Damit ist er als Sohn eines Ministers (Jörg Schüttauf, „Die Toten von Marnow“) in der DDR der 1960er am falschen Ort. Nach dem sowjetischen Einmarsch in Prag organisiert er mit der Freundin (Ioana Iacob) eine Flugblattaktion, die ihn schlussendlich ins Gefängnis bringt. Nach der Entlassung muss er in einer Fabrik arbeiten und sucht in selbstgeschriebenen Texten über Liebe, Verlust und Kampfbereitschaft die dringend benötigte, kreative Entlastung. Trotz seines anerkannten Talents hat die provokante Lyrik in der DDR keinerlei Chance, veröffentlicht zu werden. Mitte der 1970er wird der Ausreise-Antrag von Thomas und seiner Frau Katarina (Jella Haase, „Das perfekte Geheimnis“) überraschend bewilligt. Im Westen steigt der Autor zum regelrechten Rockstar auf, der mit Büchern und Filmen im Zentrum der deutschen Kunstszene landet. Doch auch im Glanz stecken für Thomas gewaltige Schattenseiten.

 

Kritik: Worte, die die Welt verändern. Der bereits 2001 verstorbene Thomas Brasch war einer dieser echten Typen, die man auch abseits ihrer Arbeit nicht vergisst. Regisseur Andreas Kleinert und Drehbuchautor Thomas Wendrich haben ihm jetzt ein rund zweieinhalbstündiges Denkmal gesetzt. In schickem Schwarz-Weiß, mit leicht surrealem Touch und getragenen Worten erinnert „Lieber Thomas“ da mehrmals an Wim Wenders. Das ist sicherlich unhandlich, speziell in der Anfangsphase anstrengend, wächst aber zu einem ziemlich runden Film zusammen. Hat man einmal einen Zugriff auf den exzentrischen Protagonisten und das Geschehen, das auch gerne einmal in die Gedankenwelt von Brasch abgleitet, ist wird dieses unkonventionelle Biopic wirklich interessant.

Thomas hat sich in Katarina verknallt (© Wild Bunch Germany)

Thomas hat sich in Katarina verknallt (© Wild Bunch Germany)

Das liegt zu großen Teilen sicherlich auch an der Besetzung. Albrecht Schuch hat sich in kurzer Zeit mit „Systemsprenger“ und „Berlin Alexanderplatz“ zu dem vielleicht angesagtesten Schauspieler Deutschlands entwickelt. Es ist auch seines unglaublich gut ausbalancierten Auftritts zu verdanken, dass sich „Lieber Thomas“ nicht in seinen Spielereien und Experimenten verliert. An seiner Seite ist es vor allem an der gewohnt starken Jella Haase, die hier eine unheimlich nahbare Version von Katharina Thalbach (bzw. von ihrem Alter Ego Katarina) gibt, das menschliche Element des Films zu betonen. Auch die Nebenbesetzung um Jörg Schüttauf, Emma Bading („Meine teuflisch gute Freundin“) und Ioana Jacob trägt ihren Teil zum Gelingen bei.

„Lieber Thomas“ ist ein ungewöhnlicher Film zu Ehren eines ungewöhnlichen Protagonisten. Was bleibt, ist einfallsreiches, exzellent bebildertes und gut gespieltes, aber streckenweise schwer greifbares, fast überambitioniertes Kino. Wer die notwendige Geduld mitbringt, wird in jedem Fall mit einem nicht alltäglichen Filmerlebnis belohnt, das für lange Zeit im Gedächtnis bleibt.

4 von 5 Punkten

Der Film lief im Programm des Film Festival Cologne 2021 und wird am 11.11.2021 von Wild Bunch Germany in die deutschen Kinos gebracht.


Quelle: Wild Bunch Germany, YouTube

Lieber Thomas

Originaltitel:Lieber Thomas
Regie:Andreas Kleinert
Darsteller:Albrecht Schuch, Jella Haase, Ioana Iacob
Genre:Drama, Biografie
Produktionsland/-jahr:Deutschland, 2021
Verleih:Wild Bunch Germany
Länge:157 Minuten
FSK:ab 12 Jahren
Kinostart:11.11.2021

Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von Wild Bunch Germany

Verfasst von Thomas.

 

Zuletzt geändert am 01.11.2021
Film Festival Cologne: Lieber Thomas

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