Review: Raum (Kino)

Das Kino-Plakat von "Raum" (© Universal Pictures Germany)

Das Kino-Plakat von “Raum” (© Universal Pictures Germany)

Inhalt: Der kleine Jack (Jacob Tremblay) ist ein liebenswerter, ziemlich aufgedrehter Fünfjähriger. Seine Mutter Joy (Brie Larson, „The Spectacular Now“) kümmert sich hingebungsvoll um ihn und tut alles dafür, dass er eine schöne Kindheit hat. Dabei ist das Leben der beiden sehr eingeschränkt. Vor sieben Jahren wurde Joy von „Old Nick“ (Sean Bridgers, „Deadwood“) entführt und einen winzig kleinen Schuppen in einem Garten gesperrt. Jack hat noch nie etwas außerhalb dieses Schuppens gesehen. Deswegen hat ihm seine Mutter eine ganz eigene Weltansicht vermittelt, die ihn davor bewahren soll, etwas über sein Schicksal zu erfahren. Doch Joy möchte jetzt mit aller Macht dafür sorgen, dem Jungen die Welt außerhalb der engen vier Wände zu zeigen. Sie beginnt mit ihm Pläne für die Flucht zu schmieden.

 

Kritik: Im Jahr 2010 veröffentlichte die Autorin Emma Donoghue ihren Roman „Raum“, der lose auf dem wahren Fall des Österreichers Josef Fritzl basiert. Die ungewöhnliche Erzählweise aus der Sicht des Kindes und die damit verbundene Naivität war eine neue Art, mit einer solch dunklen Geschichte umzugehen. Das Buch war bald in allen Bestseller-Listen zu finden und wurde jetzt von Donoghue selbst für die Leinwand adaptiert. Unter der Regie von Lenny Abrahamson entstand dieses ungewöhnliche irisch-kanadische Drama, das schon für Aufsehen sorgte, als es überraschend in vier Hauptkategorien (Film, Regie, adaptiertes Drehbuch und Hauptdarstellerin) Oscar-Nominierungen erhielt. In den ersten Minuten lernt der Zuschauer die liebende Mutter und ihren Sohn kennen, der gerade seinen fünften Geburtstag feiert. Schnell sieht man, dass die beiden unter einfachsten Verhältnissen hausen, aber erst langsam geht dem Publikum auf, wie extrem etwas mit dem Leben von Joy und Jack nicht stimmt. Die Inszenierung ist subtil genug, den Horror der eigentlichen Situation nur anzudeuten, weswegen die Geschehnisse eigentlich noch beklemmender werden.

Jack und Joy genießen ihre kleine Welt (© Universal Pictures Germany)

Jack und Joy genießen ihre kleine Welt (© Universal Pictures Germany)

Wie im Roman bleibt „Raum“ in der Perspektive von Jack, der nichts anderes kennt als die wenigen Quadratmeter und die Kenntnisse, die ihm von seiner Mutter beigebracht wurde. So bleibt neben all dem Schrecken, der in der Summe schon beim Zuschauen wohl kaum auszuhalten gewesen wäre, ein gutes Stück Hoffnung. Für den Jungen ist alles, was er von der Welt sieht, absolut neu. Mit kindlicher Neugier und dabei gebotener, glaubwürdiger Ehrfurcht nimmt er jede Erfahrung in sich auf. Dabei gelingt es Abrahamson, der harten Geschichte eine fast poetische Schönheit zu verleihen und dabei immer den richtigen Ton zu treffen. Wie wohl kaum ein Film in diesem Jahr, benötigte „Raum“ Darsteller, die auch zwischen den Zeilen die Handlung erzählen können. Jacob Tremblay (Jahrgang 2006) vollbringt die vielleicht größte Leistung eines Kinderstars in den vergangenen Jahren. Zwischen Aufgedrehtheit, Fantasie und ein wenig Angst spielt Tremblay seine Figur (in Zeilenvortrag und Mimik) sagenhaft natürlich. Außerdem harmoniert er nahezu perfekt mit Brie Larson. In den gemeinsamen Momenten ist jederzeit glaubhaft, dass die beiden über Jahre nur einander gehabt haben.

Was wartet hinter dem Fenster? (© Universal Pictures Germany)

Was wartet hinter dem Fenster? (© Universal Pictures Germany)

Für Brie Larson dürfte dieser Film der große Karrieresprung sein. Als Mutter, die alles auf sich nimmt, um ihren Sohn zu beschützen, ist sie eine Naturgewalt. Liebe- und kraftvoll kümmert sich Joy um Jack, hat aber in ihrem jungen Alter natürlich auch noch damit zu kämpfen, die Situation zu ertragen. Larson schafft diesen emotional hoch anspruchsvollen Spagat und lebt diesen Charakter mit jeder noch so kleinen Nuance. Es dürfte unumgänglich sein, sie für diese Sensations-Performance nicht mit dem Oscar auszuzeichnen. Sean Bridgers als Entführer oder Joan Allen („The Killing“) und Willem H. Macy („Cake“) in anderen Parts sind eigentlich nur Randerscheinungen neben den Protagonisten, tragen aber ihren Teil zum Gelingen des Dramas bei.

Es gibt Filme, die den Zuschauer sprachlos zurück- und lange Zeit nicht mehr loslassen. Dieses kleine, fantastisch inszenierte Werk gehört unbedingt in die Kategorie. In einer auf diese Art noch nicht dagewesenen Erzählweise zeigt uns Lenny Abrahamson mit „Raum“ die packende Geschichte einer Entführung, die nicht nur wegen der tollen Leistungen von Tremblay und Larson problemlos zu den besten Filmen des Jahres zählt.

4,5 von 5 Punkten


Quelle: Universal Pictures, Leinwandreporter TV, YouTube

Raum

Originaltitel:Room
Regie:Lenny Abrahamson
Darsteller:Brie Larson, Jacob Tremblay, Sean Bridgers, Joan Allen, Willem H. Macy
Genre:Drama
Produktionsland/-jahr:Irland/Kanada, 2015
Verleih:Universal Pictures Germany
Länge: 118 MinutenFSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 17.03.2016
Facebook-Page: Raum

Verfasst von Thomas.

Zuletzt geändert am 21.02.2016
Review: Raum (Kino)

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