Review: Inherent Vice – Natürliche Mängel (Kino)

Das Kinoplakat von "Inherent Vice" (Quelle: Warner Bros)

Das Kinoplakat von “Inherent Vice” (Quelle: Warner Bros)

Inhalt: Ende der 60er-Jahre genießt Privatdetektiv Larry „Doc“ Sportello (Joaquin Phoenix, „The Immigrant“) gerade seinen drogenbeseelten Feierabend, als seine Ex-Freundin Shasta (Katherine Waterston, „Boardwalk Empire“) bei ihm auftaucht und ihn um Hilfe bittet. Ihr Liebhaber, der schwer reiche Immobilien-Mogul Mickey Wolfmann (Eric Roberts, „Lovelace“), soll von dessen Frau und ihrem heimlichen Freund entführt werden, um in eine Irrenanstalt gesteckt zu werden. Wo die meisten Männer ihre ehemaligen Geliebten vor die Tür gesetzt hätten, lässt sich Doc darauf ein ihr zu helfen. Das führt dazu, dass er wenige Zeit später der Hauptverdächtige vom knallharten Ermittler „Bigfoot“ Bjornsen (Josh Brolin, „Sin City 2 – A Dame To Kill For“) in einem Mordfall wird. Auch ein gar nicht so toter Familienvater (Owen Wilson, „Grand Budapest Hotel“), ein Haufen Rechtsradikaler, ein Syndikat und zahlreiche Verrückte kreuzen den Weg von Doc, der den Fall mit aller Macht aufklären will.

 

Hintergrund: Thomas Pynchon veröffentlichte 2009 die Romanvorlage zu diesem Film.

Drehbuch/Regie: Paul Thomas Anderson, der seit „Boogie Nights“ eigentlich immer ein fester Preiskandidat ist, setzte hier wie gewohnt sein eigenes Skript auf der Leinwand um. Die psychedelisch angehauchte Krimi-Komödie atmet aus jeder Pore die Stimmung der 68er-Generation und der Hippies wie Doc. Ausgedehnte, aber meist spaßige Dialoge und eine undurchsichtige, von schrägen Charakteren überschwemmte Story machen „Inherent Vice“ zu einem Filmerlebnis, auch wenn die 148 Minuten Spielzeit für den Zuschauer schon spürbar sind. Die Oscar-Nominierung für das „Beste adaptierte Drehbuch“ ist aber in jedem Fall gerechtfertigt. Wenn man den Film in eine Schublade stecken möchte, könnte er wohl als bekiffter kleiner Bruder von „L.A. Confidental“ bezeichnet werden.

Ex-Freundin Shasta mischt Docs Leben auf (Quelle: Warner Bros)

Ex-Freundin Shasta mischt Docs Leben auf (Quelle: Warner Bros)

Look: Verwaschene, aber grelle Farben und lange Haare sind in der Welt von Doc an der Tagesordnung. Auch dank der großartigen, Oscar-nominierten Kostüme ist „Inherent Vice“ so stimmungsvoll und authentisch.

Joaquin Phoenix glänzt als liebenswerter Kiffer

Schauspieler: Larry „Doc“ Sportello ist ein feiner Kerl. Zwar ist der Privatdetektiv aufgrund des exzessiven Cannabis-Konsums etwas neben den Schuhen, dennoch tut er alles, um seinen Mitmenschen zu helfen. In dieser Rolle ist Joaquin Phoenix (der selbst nicht Drogen-unerfahren ist) ein absoluter Hochgenuss. Mit langen Haaren, Koteletten, Jeanshemd und Strohhut schleicht er unnachahmlich durch die Szenerie und entwickelt sich so zu einer Art „Dude“ („The Big Lebwoski“) seiner Generation. Die Kombination von ihm mit Josh Brolin, der den verkniffen-cholerischen Law and Order-Cop Bjornsen spielt, sorgt für die größten Brüller des Films. Wenn der – von Brolin herrlich schlecht gelaunt angelegte – Bjornsen und der stets freundliche Doc aufeinandertreffen, prallen immer Welten aufeinander. Auch Katherine Waterston, die als Ex-Freundin Shasta, den Stein der Geschichte ins Rollen bringt, macht hier nachhaltig auf sich aufmerksam. Dazu kommen Hochkaräter wie Reese Witherspoon („Der große Trip – Wild“), Owen Wilson, Benicio del Toro („Guardians of the Galaxy“), Jena Malone („Die Tribute von Panem – Catching Fire“), Michael K. Williams („The Gambler“), Martin Short („Mars Attacks“) und Eric Roberts, die dem Film mit originellen, kleinen Rollen trotz seiner Durchhänger schon fast alleine Kultstatus verleihen.

Der Cop Bigfoot hat einen Hass auf Hippies (Quelle: Warner Bros)

Der Cop Bigfoot hat einen Hass auf Hippies (Quelle: Warner Bros)

Unterhaltungswert/Spannung: Hier und da wird der Film eine Spur zu „verkifft“. Bei so einer langen Spielzeit ist es fast unvermeidbar, dass die Handlung manchmal durchhängt. Das ist bei „Inherent Vice“, bei dem in der Zeit noch nicht einmal besonders viel passiert, nicht anders. Dennoch hat der Film so viele starke Passagen, dass er natürlich insgesamt unterhaltsam ist.

Drama: Wie schlimm die Situation auch ist. Doc und seine Mitstreiter haben immer das passende Gegenmittel im Medizinschrank, um nicht bedrückend zu werden.

Humor: Der Film verfügt über einen ganz eigenwilligen Humor. Die kuriosen Figuren, die immer wieder neu kombiniert werden und die pointierten Dialoge lassen das Grinsen eigentlich nie aus dem Gesicht des Zuschauers verschwinden.

Liebe/Romantik: Doc geht durch diese ganze schräge Odyssee für seine Ex. Das ist weitaus glaubwürdiger als beispielsweise Nicholas Cages unsägliche Geschichte in „Wicker Man“. Hier merkt man, dass sich zwei Personen noch etwas bedeuten, was auch noch mit gelungenen Rückblenden untermalt wird.

Fazit: Wer etwas Geduld mitbringt, wird in Paul Thomas Andersons neuen Film seine nächste Filmperle sehen. „Inherent Vice – Natürlich Mängel“ nimmt den Zuschauer mit auf einen besonderen Trip, der so schnell erst einmal nicht mehr in Vergessenheit geraten wird.

4 von 5 Punkten


Quelle: Warner Bros, Leinwandreporter TV, YouTube

Inherent Vice - Natürliche Mängel

Originaltitel:Inherent Vice
Regie:Paul Thomas Anderson
Darsteller:Joaquin Phoenix, Josh Brolin, Reese Witherspoon, Benicio del Toro, Owen Wilson, Eric Roberts
Genre:Krimi-Komödie
Produktionsland/-jahr:USA, 2014
Kinostart:12.02.2015
Verleih:Warner Bros Pictures
Länge:148 Minuten
FSK:ab 12 Jahren

Verfasst von Thomas.

Zuletzt geändert am 11.02.2015
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