Review: Lovelace (Blu-ray)

Das Blu-ray-Cover von "Lovelace" (Quelle: Planet Media Home Entertainment)

Das Blu-ray-Cover von “Lovelace” (Quelle: Planet Media Home Entertainment)

Inhalt: Die 21 Jahre alte Linda Boreman (Amanda Seyfried, „Gone“) ist streng religiös von ihrem Vater (Robert Patrick, „Gangster Squad“) und ihrer Mutter (Sharon Stone, „Total Recall“) erzogen worden. Nach einer ungewollten Schwangerschaft brauchte es einige Zeit, bis sie ihr wieder vertrauen. Ihr braves Leben wirft sie von einem auf den anderen Tag über Bord, als sie den charismatischen Chuck (Peter Sarsgaard, „Garden State“) kennen lernt. Die beiden ziehen zusammen und heiraten nur kurze Zeit später. Als Chuck dann in finanzielle Probleme kommt, lässt sich Linda von ihm zu einer Pornokarriere überreden.

Mit einem selbstgedrehten Video sorgt Chuck dafür, dass seine Frau unter dem Namen Linda Lovelace für die den Film „Deep Throat“ engagiert wird. „Deep Throat“ wird zum Sensationserfolg und Linda ist bald ein umjubelter Star und enger Freund von Hugh Hefner (James Franco, „Spring Breakers“). Doch um so mehr Erfolg Linda hat, um so besitzergreifender wird Chuck, der Linda als sein Eigentum ansieht und immer mehr zu einem brutalen Zuhälter avanciert. Erst Jahre später geht Linda gegen ihn in die Offensive.

Kritik: Der Porno „Deep Throat“ schlug 1972 große Wellen. Die nur 25.000 US-Dollar teure Produktion lief in großen, ausverkauften Kinos. Der Film wurde zum Kulturphänomen und spielte über 600 Millionen US-Dollar ein, was „Deep Throat“ zum profitabelsten Film aller Zeiten machte. Obwohl die 2002 verstorbene Linda Lovelace nur noch für die Fortsetzung des Filmes sowie dem Softcore-Streifen „Linda Lovelace bläst zum Angriff“ vor der Kamera stand und danach öffentlich gegen die Branche vorging, gilt sie bis heute als größter Pornostar aller Zeiten.

In einigen Dokumentationen („Inside Deep Throat“) und Spielfilmen („Deeper Than Deep“ (2003) mit Patricia Arquette und Charlie Sheen) haben jetzt die Oscar-prämierten Dokumentarfilmer Rob Epstein und Jeffrey Friedman die Aufgabe übernommen „die wirklich Geschichte von Linda Lovelace“ zu erzählen. Auch wenn sie es mit der Wahrheit nicht ganz so genau nehmen (hier wird „Deep Throat“ als einziger Porno in der Karriere von Linda Lovelace bezeichnet) und die Regisseure merklich mit der Protagonistin sympathisieren, ist ein gelungener und äußerst sehenswertes Porträt gelungen.

Sex, Bärte und Hefner

Linda und Chuck - scheinbar glücklich (Quelle: Planet Media Home Entertainment)

Linda und Chuck – scheinbar glücklich (Quelle: Planet Media Home Entertainment)

Die Filmer entscheiden sich für eine ungewöhnliche Erzähltechnik: In der ersten Hälfte zeigen sie eine junge, charmante-liebenswerte Frau die an der Seite ihres Traummannes in der sexuell erwachenden Welt der 70er-Jahre ihren großen Durchbruch erlebt und mit Hugh Hefner, Sammy Davis Jr. und Co. auf Partys geht. Zu der Zeit ist der Film einfach, unterhaltsam und spaßig. So wird sich wohl keiner bei der Szene, in der Chuck dem Produzenten Butchie (Bobby Cannavale, „Boardwalk Empire“) und Regisseur Gerry (Hank Azaria, „Die Schlümpfe“) die auf Band verewigten „Kenntnisse“ seiner Frau vorführt, ein Grinsen verkneifen können.

Erst in der zweiten Hälfte, in der Linda ihre Geschichte mit Chuck öffentlich macht, werden dem Zuschauer die Augen geöffnet. Hier werden Szenen, die vorher nur teilweise zu sehen waren, derart ergänzt, das die Glitzerwelt auf einmal eher verstörend und beklemmend wirkt. Auch wenn die Macher hier streckenweise etwas auf die Tränendrüse drücken: Ein effektiverer Blick hinter den Vorhang wäre wohl kaum möglich gewesen.

Hugh Hefner nimmt Linda unter seine Fittiche (Quelle: Planet Media Home Entertainment)

Hugh Hefner nimmt Linda unter seine Fittiche (Quelle: Planet Media Home Entertainment)

Auch wenn es wohl nicht zu den ganz großen Preisen reichen wird, ist „Lovelace“ in vielen Belangen Oscar-verdächtig. Da ist in vorderster Front die umwerfende Amanda Seyfried zu nennen, die die meisten aus eher simpel gestrickten Produktionen wie „Mamma Mia!“ oder „In Time“ kennen. Ihre vielschichtige, anspruchsvolle Darstellung des etwas naiven, aufstrebenden Stars ist so abwechslungsreich, das der düstere zweite Teil um so schmerzhafter für den Zuschauer wird. Wenn sie es darauf anlegt, hat Seyfried sicher das Zeug dazu, regelmäßig im Charakterfach zu glänzen. Perfekt besetzt ist der mit Bart deutlich veränderte Peter Sarsgaard als zunächst sympathischer Chuck, der einige Untiefen zu verbergen hat. Er und Seyfried bilden sicher eines der schauspielerisch besten und zeitgleich verstörendsten Leinwandpaare 2013.

Da taucht die Masse an durch die Bank weg guten Nebendarstellern fast etwas unter. Dabei sind Sharon Stone und Robert Patrick als konservative Eltern Lindas ebenso eine Wucht wie Hank Azaria und Bobby Cannavale als ständig streitende „Filmemacher“. Alleskönner James Franco spielt natürlich auch Hugh Hefner makellos. Juno Temple („Dirty Girl“) als Lindas beste Freundin, Adam Brody („O.C. California“) als „Deep Throat“-Co-Star sowie Wes Bentley („Der Übergang – Rites of Passage“), Chloe Sevigny („Hit & Miss“), Chris Noth („Sex and the City“), Eric Roberts („The Dark Knight“) und Debi Mazar („Entourage“) sind weitere Namen auf der mehr als beachtlichen Besetzungsliste.

Linda findet nur noch selten Zeit für sich (Quelle: Planet Media Home Entertainment)

Linda findet nur noch selten Zeit für sich (Quelle: Planet Media Home Entertainment)

Warum es „Lovelace“ hier nicht in die Kinos geschafft hat? Vielleicht war einigen die Thematik einfach zu heiß (was ein Wortspiel). An der Qualität des Filmes kann es jedenfalls nicht liegen. „Lovelace“ ist sehr gut gefilmtes Kino, das trotz kleiner dramaturgischer Unzulänglichkeiten einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt und mit zwei beeindruckend guten Hauptdarstellern punktet.

Der Film ist ab dem 16.01.2014 auf DVD und Blu-ray erhältlich.

4 von 5 Punkten

 

Bild: „Lovelace“ ist ganz im Ton der 70er-Jahre gehalten und wird in einem körnigen, leicht gelbstichigen, oft pastellfarbenen etwas verwaschenen Bild präsentiert. Die Kontraste sind eher flach gehalten, sodass man keine zu hohen Erwartungen an eine makellose HD-Darstellung stellen sollte. Trotzdem oder gerade deswegen ist der Film so gut, da erst durch diese Stilmittel der Regisseure der etwas pseudodokumentarische Look samt passendem Zeitgeist auch optisch vermittelt werden kann. Somit ist das fehlerlose Bild für „Lovelace“ nahezu perfekt.

4 von 5 Punkten

Ton: Der deutsche und englische DTS-HD MA 5.1-Ton sind ebenfalls keine spektakulären Errungenschaften der HD-Technologie aber trotzdem genauso wie sie sein müssen. Die Dialoge klingen natürlich und sind immer gut verständlich. Der gute Score wird ebenso sauber und dynamisch wiedergegeben, wie die Hintergrundgeräusche am Set auf Feiern usw., die für eine ansprechende Atmosphäre sorgen. Das ist alles, was der Zuschauer von einem solchen Film verlangen kann.

4 von 5 Punkten

Extras: Ein wirklich gelungenes, informatives Making of (14 Minuten), ein hektisch geschnittener Hinter den Kulissen-Beitrag bzw. eine B-Roll (5 Minuten), ein Featurette zur Entstehung (3 Minuten), eine Leseprobe aus „Ordeal“, der Biografie von Linda Lovelace, einige Interviews mit Cast & Crew (31 Minuten), die Pressekonferenz auf der Berlinale (37 Minuten) sowie einige Trailer bieten einen ordentlichen Mehrwert zum Film.

4 von 5 Punkten

Gesamt: 4 von 5 Punkten


Quelle: StudioCanal, YouTube

Lovelace

Originaltitel:Lovelace
Regie:Rob Epstein, Jeffrey Friedman
Darsteller:Amanda Seyfried, James Franco, Peter Sarsgaard
Genre:Biopic, Drama
Produktionsland/-jahr:USA, 2013
Verleih:Planet Media
Länge:93 Minuten
FSK:ab 16 Jahren

Verfasst von Thomas.

Zuletzt geändert am 13.01.2014
Review: Lovelace (Blu-ray)

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