
Das Kinoplakat von “Still Alice” (Quelle: Polyband Medien)
Inhalt: Eigentlich führt Dr. Alice Howland (Julianne Moore, „Carrie“) ein Leben aus dem Bilderbuch. Sie ist eine hochdekorierte Literatur-Professorin, hat in John (Alec Baldwin) einen hingebungsvollen und liebenden Ehemann und mit Anna (Kate Bosworth, „Homefront“), Tom (Hunter Parrish, „Weeds“) und Lydia (Kristen Stewart, „Snow White and the Huntsman“) drei erwachsene Kinder, die ihr Leben komplett im Griff haben. Seit einigen Wochen fällt ihr aber immer häufiger auf, dass sie die Orientierung verliert und Wörter oder Termine vergisst. Als sich ihr Zustand weiter verschlechtert, sucht sie einen Neurologen auf. Nach einigen Terminen und Tests stellt sich heraus, dass Alice an einer seltenen Form von Alzheimer leidet. Sie, ihr Mann und ihre Kinder sind geschockt und ungläubig, müssen sich aber bald mit der neuen Situation arrangieren. Während die intellektuelle Frau immer mehr ihre kognitiven Fähigkeiten verliert, kämpft die ganze Familie um Zusammenhalt.
Hintergrund: Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Lisa Genova, der 2007 erschienen ist.
Drehbuch: Richard Glatzer („The Last Of Robin Hood“) setzte den Roman einfühlsam und treffend für die filmische Adaption um. Dabei zeichnet sich das Skript vor allem durch die vielschichtigen Charaktere aus, die den Zuschauer sofort an diese tragische Geschichte binden.
Regie: Neben Autor Richard Glatzer nahm Wash Westmoreland auf dem Regiestuhl Platz. Das Duo arbeitet seit etwa zehn Jahren zusammen und hat sich in den USA seit längerem schon durchgesetzt. Hier sollte der Erfolg mit diesem menschlich glaubwürdigen und beklemmenden Familiendrama kommen. Die ungeschönte, kompromisslose Inszenierung der Regisseure sorgt natürlich dafür, dass „Still Alice“ nicht gerade als Feelgood-Kino zu bezeichnen ist. Es ist aber ebenso der Grund, warum dieses Kinoerlebnis so unter die Haut geht.

Noch kann Alice dies Gesellschaft ihrer Lieben genießen (Quelle: Polyband Medien)
Look: Der Film ist sehr sachlich und fast ein wenig kühl gefilmt, was die Tragik noch greifbarer macht. Die Zwischenschnitte der immer mehr verblassenden Erinnerungen von Alice sind da ein herausstechendes Stilmittel.
Julianne Moore brilliert – Kristen Stewart überrascht
Schauspieler: Julianne Moore ist eine der bedeutendsten Schauspielerinnen ihrer Generation. Schon früh in der Festival-Saison war klar, dass ihr Auftritt als Alzheimer-kranke Professorin ihre Preissammlung gewaltig wachsen lassen wird. Wie sie diese höchst anspruchsvolle Rolle anlegt und zu jeder Sekunde glaubwürdig wirkt, ist unglaublich und verdient jede Ehrung. An ihrer Seite zeigt Alec Baldwin, dass er nach sieben Jahren bei der Comedy-Serie „30 Rock“ das ernste Fach immer noch sehr gut drauf hat. Er spielt den liebevollen Ehemann, der sich sichtlich schwer tut, die neue Situation anzunehmen und auch seinen tollen Job hinten anstehen zu lassen. Er ergänzt sich nahezu perfekt mit Moore, was eine der großen Stärken des Filmes ist. Nach den „Twilight“-Filmen war es für die meisten fast ausgeschlossen, dass aus Kristen Stewart noch eine ernstzunehmende Schauspielerin wird. Nach einigen sehr annehmbaren Auftritten gelingt ihr hier als jüngstes Kind von Alice der wohl beste Auftritt ihrer bisherigen Karriere. Ihre Lydia schafft es noch am besten, mit der Krankheit ihrer Mutter umzugehen und stellt dabei auch ihre eigenen Bedürfnisse hinten an. Dabei zeigt Stewart eine Bandbreite, die ihr auch durchaus eine Oscar-Nominierung in der (zugegebenermaßen dieses Jahr eher schwachen) Nebendarsteller-Kategorie hätte einbringen können. Kate Bosworth und Hunter Parrish überzeugen ebenfalls, halten sich aber mehr im Hintergrund.

Ehemann John versucht seine Frau zu beruhigen (Quelle: Polyband Medien)
Unterhaltungswert/Spannung: Wenn der Funke einmal übergesprungen ist, fesselt einen die Krankheitsgeschichte und Familientragödie an den Kinosessel. Allerdings kann es durchaus passieren, dass einem das Popcorn im Hals stecken bleibt.
Drama: Der intelligenten, recht jungen Frau beim geistigen Verfall zuzusehen, tut schon fast körperlich weh und ist einer der emotional anspruchsvollsten Filme seit langer Zeit.
Humor: Tatsächlich gönnt sich der Film auch hier und da einen sanft ironischen Moment, der der schweren Thematik etwas Auflockerung gibt.
Liebe/Romantik: Auch wenn es nur ein Nebenthema der Geschichte ist, dürfte die Beziehung von der kraftvollen Alice zu ihrem eigentlich gefestigten, aber immer mehr verzweifelnden Ehemann John eine der faszinierendsten Liebesgeschichten seit langer Zeit sein.
Fazit: „Still Alice“ ist weit mehr, als ein Oscar-Bait-Film für Julianne Moore. Fantastische schauspielerische Leistungen, starke Charaktere und eine toll in Szene gesetzte, berührende Geschichte machen dieses streckenweise deprimierende Familiendrama zu einem absoluten Must See.
4,5 von 5 Punkten
Quelle: Polyband Medien, Leinwandreporter TV, YouTube
Still Alice – Mein Leben ohne gestern
Originaltitel: | Still Alice |
Regie: | Richard Glatzer, Wash Westmoreland |
Darsteller: | Julianne Moore, Alec Baldwin, Kristen Stewart, Kate Bosworth |
Genre: | Drama |
Produktionsland/-jahr: | USA, 2014 |
Kinostart: | 05.03.2015 |
Verleih: | Polyband Medien |
Länge: | 101 Minuten |
FSK: | ab 12 Jahren |