Review: Die Reifeprüfung – 50th Anniversary Edition (Blu-ray)

Das Blu-ray-Cover der 50th Anniversary Edition von "Die Reifeprüfung" (© StudioCanal)

Das Blu-ray-Cover der 50th Anniversary Edition von “Die Reifeprüfung” (© StudioCanal)

Inhalt: Gerade erst hat Benjamin Braddock (Dustin Hoffman, „Mr. Hoppys Geheimnis“) das College mit tollen Ergebnissen beendet. Kaum wieder zurück in der Heimat, wird er von seinen stolzen Eltern (William Daniels, Elisabeth Wilson) im gesamten Bekanntenkreis vorgezeigt, wo beinahe jeder einen tollen Job-Einfall für Benjamin hat. Doch Benjamin selbst ist sich gar nicht so sicher, was er jetzt aus seinem Leben machen möchte. Deswegen ist er dankbar, dass ihn Mrs. Robinson (Anne Bancroft) – die Frau eines Geschäftspartners seines Vaters – bei einer Unterhaltung nicht mit seiner Zukunft nervt. Als im dann aufgeht, dass Mrs. Robinson ihn verführen will, schreckt er zunächst zurück. Wenig später beginnt er dann aber eine leidenschaftliche Affäre mit der erfahreneren und deutlich älteren Frau. Das Ganze funktioniert sogar lange Zeit relativ problemlos. Als sich Benjamin dann aber in Elaine (Katharine Ross), die Tochter der Robinsons, verliebt, überschlagen sich die Ereignisse.

 

Kritik: Es gibt nur wenige Filme, die sich mit „Die Reifeprüfung“ vergleichen lassen: Auf der einen Seite ist der Film von Meister-Regisseur Mike Nichols („Hautnah“) ein ganz klares Produkt seiner Zeit. Dennoch hat die Geschichte so viele Aspekte, die sie zu einem zeitlosen Klassiker gemacht haben, der zahllose Nachahmer inspiriert hat. Pünktlich zum 50-jährigen Jubiläum ist jetzt eine liebevoll restaurierte Fassung erschienen, die Nichols vor seinem Tod im Jahr 2014 noch überwacht hatte. Es gibt so viel, wodurch dieser außergewöhnliche Film auch so viele Jahre später noch herausragt. Er setzt sich treffend mit der 68er-Generationen auseinander, die mit ihrer Gegenkultur die Eltern an den Rand der Weißglut brachten.

Hierbei trifft die gehobene Mittelstandsfamilie Braddock ein Bild, mit dem sich die meisten Zuschauer irgendwie identifizieren können. Auch der schüchterne Benjamin, der eigentlich nur weiß, dass er etwas anderes machen will, funktioniert auf dieser Ebene großartig. Doch selbstverständlich können auch noch junge Erwachsene zur heutigen Zeit die amourösen und karrierebedingten Probleme des Protagonisten nachvollziehen. Dazu ist jedes Bild perfekt durchkomponiert. Ob es die Leitmotive (zum Beispiel der Taucher) in der Geschichte sind, oder mit einem einzigen Schärfezug die komplette emotionale Verfassung der Figuren auf den Punkt gebracht wird: Nichols macht hier große Kunst, ohne dabei auch nur im Anflug prätentiös zu wirken. Viel mehr ist „Die Reifeprüfung“ urkomisch und bringt dabei dennoch die ernsten Aspekte der Geschichte makellos auf den Punkt.

Mrs. Robinson hat ein Auge auf Benjamin geworfen (© StudioCanal)

Mrs. Robinson hat ein Auge auf Benjamin geworfen (© StudioCanal)

Dabei ist der größte Star des Filmes der legendäre Soundtrack von Simon und Garfunkel, von dem fast alle Beiträge zu Klassikern geworden sind. Die vielleicht besten Momente hat der Film in seinem unvergesslichen Schlussakt in und um eine Kirche. Urkomisch, provokant und mit einem gewissen Maß an Bitterkeit zeigen sich all die Stärken der Geschichte noch einmal in einer brillanten Sequenz. Selbst die letzten Momente, in denen das Ende dank ein wenig Mimik der Darsteller und der musikalischen Untermalung plötzlich eine ganz andere Bedeutung bekommt, ist ein Geniestreich für sich.

Es ist nahezu unfassbar, dass zunächst eine komplett andere Besetzung für den Film geplant war. Doch es war ein mutiger Schritt, statt Robert Redford den unscheinbaren und nahezu unbekannten Theater-Schauspieler Dustin Hoffman als Benjamin Braddock zu besetzen. Der bedankte sich mit einer originellen und extrem charmanten Performance, die die Grundlage für eine Weltkarriere bildete. Anne Bancroft zeigt als sinnliche, aber dabei unterkühlte Mrs. Robinson einen denkwürdigen Auftritt. Gerade eine Sequenz, in der ihr hartes Äußeres Risse bekommt, ist grandios. Wie Hoffman wurde Katharine Ross erst relativ spät als Elaine besetzt. Auch sie liefert eine nuancierte und intelligente Darbietung, die die Klasse des Filmes unterstreicht und mit einer verdienten Oscar-Nominierung belohnt wurde.

So bleibt „Die Reifeprüfung“ auch nach einem halben Jahrhundert ein absolutes Meisterwerk, das genug Material für ein ganzes Semester an der Filmschule mitbringt, immer noch frisch und aktuell wirkt und vor allem köstlich unterhält. Mike Nichols inspirierte mit diesem frechen und cleveren Film Generationen von Filmemachern und schafft es, mit genialen Dialogen und noch besserer Bildsprache Anspruch und Leichtigkeit spielend miteinander zu verbinden.

Hat Benjamin überhaupt noch eine Chance, bei Elaine zu landen? (© StudioCanal)

Hat Benjamin überhaupt noch eine Chance, bei Elaine zu landen? (© StudioCanal)

Die restaurierte Fassung des Films ist ab dem 21.09.2017 auf DVD und Blu-ray erhältlich.

5 von 5 Punkten

 

Bild: Die Bildbearbeitung ist erstaunlich stark ausgefallen. Auch wenn hier natürlich nicht die obersten HD-Standards angelegt werden dürfen, sind Schärfe und Detaildarstellung – gerade in den hellen Szenen – wirklich überzeugend. Dazu bekommt das Bild eine ganz neue Tiefe. Die Farben sind auf einmal satt und kräftig. Allerdings ist die Sättigung an manchen Stellen ein wenig zu hoch, wodurch die Hauttöne etwas zu rot erscheinen. Kontraste und Schwarzwert sind gut eingestellt. Auch wenn immer noch eine klare, filmische Körnung zu entdecken ist, wurde das Bild eindrucksvoll gesäubert und zahlreiche Probleme wurden gut entfernt.

4 von 5 Punkten

Ton: Während in der englische Fassung noch als Alternative die originale Mono-Fassung beiliegt, müssen sich die Zuschauer in der deutschen Fassung mit der (ebenfalls in der englischen Variante vorhandenen) DTS-HD MA 5.1-Vertonung „begnügen“. Wie viel aus dem Ton herausgeholt wurde, kann ebenfalls vollkommen überzeugen. So gibt es in der Akustik eine vollkommen neue Klarheit, Kraft und Dynamik. Natürlich stehen die Dialoge weiter im Mittelpunkt, die hier ohne Probleme wiedergegeben werden. Die meiste räumliche Aktivität gibt es, wenn der legendäre Soundtrack spielt. Hier ist der Film auf einem vollkommen neuen Level zu genießen.

4,5 von 5 Punkten

Extras: Zum Jubiläum werden die Fans mit Bonusmaterial bombardiert, von denen aber ein guter Teil natürlich nur in SD vorliegt. Gleich drei Audiokommentare, Interviews mit Romanautor Charles Webb (20 Minuten), Lawrence Turman (12 Minuten) und Dustin Hoffman (23 Minuten), die Featurettes „Looking Back – Ein Film der 60er Jahre“ (13 Minuten), „Die Reifeprüfung – 25 Jahre später“ (22 Minuten), „Das Erbe der Reifeprüfung“ (26 Minuten), „Die Rolle der Musik im Film“ (8 Minuten) sowie eine interessante Szenen-Analyse (12 Minuten), eine Dokumentation über Mike Nichols (54 Minuten) und einige Probeaufnahmen (7 Minuten) ergänzen diese tolle Box auf eine Art, die praktisch keine Frage offen lässt.

4,5 von 5 Punkten

Gesamt: 4,5 von 5 Punkten

Der Film ist aktuell im Programm von Arthaus+ und Paramount+ zu sehen.


Quelle: StudioCanal, YouTube

Die Reifeprüfung

Originaltitel:The Graduate
Regie:Mike Nichols
Darsteller:Dustin Hoffman, Anne Bancroft, Katharine Ross
Genre:Drama
Produktionsland/-jahr:USA, 1967
Verleih:StudioCanal
Länge:106 Minuten
FSK:ab 12 Jahren

Mehr Informationen gibt es auf der Seite von StudioCanal

Verfasst von Thomas.

Zuletzt geändert am 18.09.2017
Review: Die Reifeprüfung – 50th Anniversary Edition (Blu-ray)

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