Review: Der Schamane und die Schlange (Kino)

Das Kino-Plakat von "Der Schamane und die Schlange" (© MFA FILM)

Das Kino-Plakat von “Der Schamane und die Schlange” (© MFA FILM)

Inhalt: Im frühen 20. Jahrhundert wird der Schamane Karamakate (Nilbio Torres) darum gebeten, den erkrankten deutschen Forscher Theodor Koch-Grünberg (Jan Bijvoet) zu heilen. Gemeinsam mit dessen Helfer Mancusa (Yauenkü Migue) machen sich die beiden auf eine lange Reise, um die seltene Yakruna-Pflanze zu finden, die die einzige Hoffnung für eine Gesundung ist. Viele Jahre später hat Karamakate (jetzt: Antonio Bolivar) längst den Zugang zu Natur und Geisterwelt verloren, als ihn der Botaniker Richard Evans Schultes (Brionne Davis, „Savaged“) aufsucht. Auch er möchte die Yakruna-Pflanze finden. Immer tiefer dringen sie in den Dschungel ein und stoßen dabei auf fast vergessene Welten. Dabei machen sie aber auch Bekanntschaft mit Schrecken und Zerstörung, die durch die Kolonialisierung entstanden sind.

 

Kritik: Basierend auf den Aufzeichnungen der echten Theodor Koch-Grünberg und Richard Evans Schultes schrieb und inszenierte der kolumbianische Filmemacher Ciro Guerra diesen Abenteuerfilm, der Nominierungen für den Oscar und den Golden Globe als „Bester fremdsprachiger Film“ einfahren konnte. Tatsächlich entführt der Film den Zuschauer in eine unbekannte, fast sureale Welt, die von den kontraststarken Schwarz-Weiß-Bildern getragen wird. In teilweise schon meditativen Bildabfolgen führt Guerra durch ein System, das mit der Natur noch in Einklang ist, aber aufgrund des Zusammenstoßes mit den Eroberern immer mehr verschwindet. Dabei steht bei dem Abenteuer-Drama nicht der Unterhaltungswert im Vordergrund. Das ändert nichts daran, dass der Film nahezu ohne Lücken von der ersten bis zur letzten Minute fasziniert. Die für westeuropäisches Verständnis eigenartigen Ansichten von Karamakate, die etwas verstörenden Besuche in Sekten-artigen Kommunen, das (gerechtfertigte) Misstrauen gegenüber Weißen und die immer wieder betörenden Bilder verschmelzen zu einem ungewöhnlichen, aber für Arthaus-Kinogänger mehr als funktionierendem Konstrukt.

Karamakate behandelt Theodor (© MFA FILM)

Karamakate behandelt Theodor (© MFA FILM)

Die große Kunst bei diesem ungewöhnlichen Projekt ist es außerdem, dass es Guerra schafft, den Film visuell und inhaltlich poetisch zu gestalten, dabei aber immer den Blick für die tragische Realität zu bewahren. Insgesamt werden in dem Film neun verschiedene Sprachen gesprochen, was ebenso anspruchsvoll wie Rekord-verdächtig ist. Auch die Darsteller vollbringen tolle Leistungen. Nilbio Torres gefällt als Idealist, der versucht, den Respekt vor der Natur zu bewahren. In den Szenen, wo Antonio Bolivar übernimmt, hat Karamakate seinen Glauben und seine Visionen verloren. Da beide Debütanten außergewöhnlich gut spielen, macht dieser Kontrast alleine schon deutlich, wie viel fremde Kultur in wenigen Jahren zerstört wurde. Der Belgier Jan Bijvoet, der zuletzt schon mit „Borgman“ einen (auf ganz andere Art) ungewöhnlichen Film geliefert hatte, spielt hier den erkrankten Entdecker Koch-Grünberg, den er integer und mit hoher Begeisterungsfähigkeit interpretiert. Brionne Davis agiert als Botaniker Richard Evans Schultes auf vergleichbar hohem Niveau.

Mit „Der Schamane und die Schlange“ haben sich Ciro Guerra und sein Team die erste Oscar-Nominierung überhaupt für einen kolumbianischen Film mehr als verdient. Intelligent, gehaltvoll und visuell überragend bietet der Film ein anders gelagertes Erlebnis für Cineasten.

4,5 von 5 Punkten


Quelle: MFA Film, Leinwandreporter TV, YouTube

Der Schamane und die Schlange

Originaltitel:El abrazo de la serpiente
Regie:Ciro Guerra
Darsteller: Nilbio Torres, Jan Bijvoet, Antonio Bolivar
Genre:Abenteuer, Drama
Produktionsland/-jahr:Kolumbien, 2015
Verleih:MFA Film
Länge: 125 MinutenFSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 21.04.2016

Verfasst von Thomas.

Zuletzt geändert am 19.04.2016
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