Sylvester Groth Interview

 

Sylvester Groth genoss auf der "Frisch gepresst"-Premiere die Gesellschaft seiner Kolleginnen Sunnyi Melles und Jule Ronstedt (Quelle: Walt Disney)

Sylvester Groth genoss auf der “Frisch gepresst”-Premiere die Gesellschaft seiner Kolleginnen Sunnyi Melles und Jule Ronstedt (Quelle: Walt Disney)

Sylvester Groth (54) wurde in Jerichow, Sachsen-Anhalt, geboren. Nachdem er an der Staatlichen Schauspielschule Berlin studiert hatte, folgten zahlreiche Engagements in Dresden und Schwerin sowie Gastrollen in Berlin. 1983 feierte der erfolgreiche Theatermime in dem Antikriegsfilm „Der Aufenthalt“ sein Kinodebüt, es folgten weitere Rollen in Filmen der DEFA und des DDR-Fernsehens. 1986 gehörte er zum Ensemble der Michael Ende-Verfilmung „Momo“. Seit 1986 spielte er an den namhaftesten Bühnen im deutschen Sprachraum u.a. dem Wiener Burgtheater, der Berliner Schaubühne und den Münchner Kammerspielen. Er spielte 1993 im aufwendigen Kriegsdrama „Stalingrad“ eine tragende Rolle und etablierte sich so endgültig in TV und Kino. International konnte er 2009 seinen größten Erfolg feiern, als er in Quentin Tarantinos Dritte-Reich-Satire „Inglorious Basterds“ den Propagandaminister Joseph Goebells spielte. Im Rahmen der Premiere von „Frisch gepresst“, wo er als mondäner Dessousverkäufer Helgo zu sehen ist, sprach er mit Thomas Trierweiler über seine neueste Rolle, Drehprobleme und die Arbeit mit Quentin Tarantino.

 

LWR: Wie sind Sie zu „Frisch gepresst“ gekommen? Was gefiel Ihnen besonders an dem Drehbuch und ihrer Rolle?

Sylvester Groth: Die Regisseurin hat mich angerufen. Dann habe ich das Buch zum Lesen bekommen und fand es sehr witzig und habe für diesen merkwürdigen Helgo zugesagt. Es war so eine tragisch-komische Rolle, die mich sehr gereizt hat. Helgo ist facettenreich und kann gut und menschlich dargestellt werden mit seinen Höhen und Tiefen. Ich hatte sehr viel Spaß an der Rolle und auch daran, mit Diana zusammenzuspielen, die ich aus „Doctor’s Diary“ sehr schätze. Da dachte ich mir: Sie kann das Komikhandwerk und von ihr kann ich noch etwas lernen. Die meisten Szenen hab ich dann ja auch mit ihr und der wunderbaren Sunnyi Melles als verrückte Mutter gedreht. Mit den beiden gewisse Situationen zu entwickeln und die Facetten der Figuren herauszukitzeln war sehr schön.

 

LWR: Wie viel Helgo steckt in Sylvester Groth?

Sylvester Groth: Außer, dass ich meinen Körper zur Verfügung gestellt habe, nichts. Mich reizen Rollen, die weit von meiner Persönlichkeit weg sind, da ich so eine gewisse Distanz zum Spielen behalten kann. Wenn Rollen einem selbst zu nahe sind, ist es schwieriger sie umzusetzen. Helgo war so schrullig und so anders, als ich es bin, dass ich mir gedacht habe: Diese Figur umzusetzen, diesen tollen Mann mit allen Ecken und Kanten zu verteidigen, wird mir viel Spaß machen. Helgo weiß irgendwo nicht, wo es im Leben langgeht. Dafür kennt er sich im Geschäftlichen aus und hilft Andrea auch. Die Regisseurin Christine Hartmann hat mir auch Raum gegeben, um die Figur zu entwickeln. Es ist mir auch wichtig, ein bisschen rumzuspinnen und mir neue Sachen für eine Figur einfallen zu lassen.

In "Frisch gepresst spielt Sylvester Groth den extravaganten Modeverkäufer Helgo (Quelle: Walt Disney)

In “Frisch gepresst spielt Sylvester Groth den extravaganten Modeverkäufer Helgo (Quelle: Walt Disney)

LWR: Die Geschichte spielt in Köln. Haben Sie in der Zeit eine typisch kölsche Erfahrung machen dürfen und die Stadt kennen gelernt?

Sylvester Groth: Eine Anekdote direkt habe ich nicht. Ich bin aber auch so sehr oft und gerne in Köln und nehme für den WDR Hörspiele auf und lese Bücher ein. Ich mag die Entspanntheit der Leute in dieser Stadt. In Berlin ist das irgendwie anders. Köln macht auf mich den Eindruck eines großen Dorfes, in dem man freundlich zu einander ist und jeder machen kann, was er will, ohne dafür schief angeguckt zu werden. Neben den netten Menschen ist Köln noch eine tolle Kunst- und Medienstadt. Schließlich machen wir hier auch Filmpremieren. Köln ist eine bunte Stadt, in der ich mich wohl fühle.

 

LWR: Sie haben in großen, internationalen Projekten wie „Inglourious Basterds“ mitgewirkt. Gibt es erkennbare Unterschiede bei der Arbeit an deutschen und internationalen Produktionen?

Sylvester Groth: Bei den deutschen Filmen gibt es zu wenig Zeit und Geld. Ich finde das immer schwierig, in wenigen Tagen einen Film abzudrehen. Es wird leider immer sparsamer, anstatt den Markt ein bisschen zu öffnen, damit die Filme sicher etwas werden. Mit der knappen Zeit ist es auch schwierig, die Figuren und Szenen zu entwickeln. Bei diesen Großprojekten ist das schon anders. Die haben einfach mehr Geld, was bei der Qualität des Films natürlich meistens eine große Rolle spielt. Es gibt natürlich auch kleine Projekte, die zu einem großen Erfolg werden, wobei das ein anderes Thema ist. Diese Erfolge können nicht geplant werden und die teuren Projekte sind ja schon bis zur Premiere durchgeplant. Es ist schon erstaunlich, wie extrem strukturiert da alles ist.

 

In Quentin Tarantinos Oscar-Hit war Groth als Propagandaminister Goebbels zu sehen (Quelle: Hitmeister)

In Quentin Tarantinos Oscar-Hit war Groth als Propagandaminister Goebbels zu sehen (Quelle: Hitmeister)

LWR: Wie haben Sie sich auf ihre düstere und reale Rolle Joseph Goebbels in dem satirischen „Inglourious Basterds“ vorbereitet?

Sylvester Groth: Da es eine Satire war, ging so etwas natürlich eher. Ich habe die Rolle davor schon einmal in „Mein Führer“ (Anm. d. Red.: mit Helge Schneider als Hitler) gespielt. Dadurch hatte ich schon etwas Erfahrung mit dieser Figur. Ansonsten bereitet man sich bei Tarantino nur mit guter Laune und Spaß am Spielen vor. Der Rest, den man wissen muss, steht im Drehbuch. Ich habe daneben noch ein bisschen über diesen merkwürdigen Menschen Goebbels gelesen, der als reine Spielfigur sehr interessant für einen Schauspieler ist. Diese ekelhafte Person war absolut unberechenbar, hatte viele Facetten und hat seine Macht für Furchtbares eingesetzt. Als Demagoge war er unübertroffen, wie er auf die Menschen einwirken konnte. Ich habe dann meinen Text gelernt und bin mit Spaß an Tarantinos Set gegangen und habe meine Szenen gespielt.

 

LWR: Gibt es weitere Projekte an denen Sie im Moment arbeiten?

Sylvester Groth: Ich bereite jetzt einen Psychothriller mit einem französischen Regisseur vor. Der Film heißt „Denies Dercours“ und handelt von Jugendfreunden, die sich 30 Jahre später wieder treffen. Früher ist etwas passiert, was völlig in Vergessenheit geraten ist und plötzlich in der Gegenwart wieder Auswirkungen hat. Das Drehbuch enthält viele Überraschungen und ist wunderbar geschrieben. Ich hoffe, wir können da einen schönen Film draus machen.

Verfasst von Thomas.

Zuletzt geändert am 23.08.2012
Sylvester Groth im Interview

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