Gruselseite.com: Im Gespräch mit Gründer Sebastian Notbom

Gruselseite.com (Bildquelle: Sebastian Notbom)

Sebastian Notbom, der Gründer von GruselSeite.com, ist ein bekennender Filmfan. 2001 kam er erstmals mit dem Aufbau einer Internetseite in Kontakt, als er Mitglied eines erfolgreichen StarCraft-Clans (Strategie-Computerspiel) war, die eine eigene Website benötigten. Sebastian Notbom erinnert sich:

„Anfänglich habe ich im Baukastensystem von Lycos gearbeitet und bin dann zu Beepworld gewechselt. Beide Anbieter waren so kostenlose, mit Werbung verseuchte Free-Hoster. Auf jeden Fall hat es mir irrsinnig viel Spaß gemacht, Internetseiten zu gestalten. Ich begann den Quellcode zu verändern, bis ich was eigenes kreiert hatte, mit Lauftext, Blinkebildchen und allem drum und dran. Die sahen zwar fürchterlich aus, aber so habe ich mir selbst HTML beigebracht und gelernt Skripte zu modifizieren. In einem Kursus vom Arbeitsamt kam ich dann das erste Mal mit Photoshop in Kontakt. Da auch das mir sehr viel Spaß gemacht hat, musste ich mir langsam überlegen, mit welchem Thema ich eine ernstzunehmende Website unterhalten könnte. So kam ich auf Filme.

Da eine allgemeine Filmseite zu viel Konkurrenz auf dem, zu diesem Zeitpunkt schon großen Markt gehabt hätte, entschloss ich mich für das Genre “Horror”. Spezialeffekte, vor allem wenn sie handgemacht sind, haben mich schon immer fasziniert. Außerdem ist das Horrorgenre eines der kreativsten, da die Grenzen sehr fließend sind und auch in andere Genres, wie z.B. Fantasy, Endzeit, Action oder Science Fiction immer wieder im Horror Anklang finden. Ich kannte viele Leute, die mir immer eher langweilige Filme als „das Beste“ verkauft haben, und wollte so eine Plattform schaffen, um selbst die Qualität dieser Filme beurteilen zu können. Ich habe zwar nichts gegen Amateur-Filme, jedoch sind diese hauptsächlich für die Macher und deren Freunde interessant.

Natürlich wollte ich auch schon immer mal einen Film drehen, habe aber keine guten Schauspieler für Projekte finden können. Daher fing ich irgendwann an mit meiner Kamera Interviews aufzunehmen und seit Anfang 2011 auch kurze Clips für Conventions zu erstellen. Die Ergebnisse haben mich bislang meistens zufriedengestellt.“
Nachdem Sebastian Notbom Ende 2001 mit der Arbeit an der Seite begonnen hatte, ging ca. zwei Jahr später eine erste Version von „GruselSeite“ als kostenlose tk.-Domain online. Beim Namen der Seite wählte Sebastian „Grusel“ statt „Horror“ um etwaigen Problemen mit dem Jugendschutz aus dem Weg zu gehen. Ausdemselben Grund wechselte er später auf die Endung .com, da diese auf einen US-Hoster schließen lassen sollte.

Trotzdem kam es häufiger zu Problemen mit einer Institution des Jugendschutzes.

Sebastian Notbom: „Anfangs habe ich halt alle Kritiken mit Cover und Szenenbildern öffentlich hochgeladen. Speziell bei drei Titeln wurde ich ermahnt, ich solle die Cover unkenntlich gestalten oder einen Passwortschutz einbauen. Nach langen Diskussionen müssen mir jetzt diejenigen, die interessiert an Kritiken zu indizierten Filmen sind, einen Scan des Personalausweises schicken, woraufhin ich ihnen die Zugangsdaten aushändige. Das ist meines Erachtens ziemlicher Blödsinn, weil es jedem überlassen sein sollte, sich über bestimmte Filme zu informieren, ohne persönliche Daten anzugeben. Minderjährige kommen ganz bestimmt nicht über eine News- und Kritiken-Website an diese Filme ran. Selbst für mich ist es sehr schwer, bestimmte Filme zu beziehen. Solche Aktionen machen mir nur mehr Arbeit und ändern rein gar nichts am Kern der Problematik. Die Aufsicht und Verantwortung liegt bei den Eltern und den Händlern.“

Neben Sebastian Notbom arbeiten keine Autoren regelmäßig an GruselSeite.com. Bei Bedarf schreiben aber immer wieder Freunde, Bekannte und andere Genre-Fans an der Seite mit. Angesprochen auf das Thema erzählt Sebastian:

„Lange Zeit hat mich mein guter Kumpel Bastian sehr unterstützt, der dank GruselSeite.com als Referenz mittlerweile gegen Bezahlung für andere Online-Magazine tätig ist und vorher diverse Praktika in verschiedenen Print-Medien-Redaktionen absolvieren konnte. Aktuell hilft mir noch Mirco, der momentan aber ziemlich wenig schreibt, weil er sich um seine berufliche Zukunft kümmern muss. Nach einem Facebook-Aufruf stieß auch noch Annette zu uns, die mich neben ihrem Master-Studium unterstützen möchte. Viele sträuben sich davor, Energie in so ein Projekt zu investieren, da sie vermuten, ich würde mit solch einer Website sehr viel Geld machen und dass ich an deren Arbeit verdiene. Da ich kein Freund von unpassenden und aufdringlichen Werbebannern bin, reichen die Einnahmen höchstens für ein kleines Taschengeld, das dann aber auch für Website-spezifische Aktivitäten drauf geht. Mit dem Zug von Bremen nach Hamburg zu fahren, um sich morgens um 10 Uhr einen Film auf einer Pressevorführung anzuschauen, kostet auch mal eben etwas über 20€. Das Geld investiert man, um andere vor einem schlechten Film warnen oder einen guten Film empfehlen zu können. Letztendlich zahle ich selbst drauf.“

Für Sebastian lohnt sich das Projekt aber trotzdem, da er so mit den Nutzern, die zum großen Teil Ende 20 bis Anfang 30 sind, vernünftig diskutieren kann. Ihm gehen die “übereifrigen Jungspunde” etwas auf die Nerven, die teilweise nicht wirklich kritikfähig sind und Diskussionen schnell persönlich werden lassen. Er schätzt hauptsächlich eine objektive Diskussion:

„Ich mag dieses Schwarz/Weiß-Denken nicht, von wegen “den Film find ich gut = 10/10” oder “den Film fand ich doof = 0/10”. Einen halben Punkt gibt es von mir in 99% der Fälle schon einmal dafür, dass es sich überhaupt um etwas handelt, was als Film bezeichnet werden kann. Wenn jemand schreibt “Der neue M. Night Shyamalan ist voll schlecht = 1/10 Punkte” oder “Uwe Boll ist der schlechteste Regisseur aller Zeiten”, dann frage ich mich insgeheim, ob derjenige sich schon mal einen Ulli Lommel Film angesehen hat? – Die GruselSeite ist also eher was für Leute, die objektivere Filmkritiken ohne krampfhaft eingebaute und hochgestochene Fremdwörter mögen. Und ich finde, dass die Würze in der Kürze liegt. Es handelt sich kurz gesagt um ein kostenloses Magazin von Fans für Fans.“
Aufgrund von Aktualität, vielseitigen Artikeln (Video-Interviews, Convention-Berichte, zahlreiche Kritiken mit Trailern und Bildern), Gewinnspielen, einfacher Bedienung und kaum vorhandener Werbung hat sich die Seite in den vergangenen acht Jahren einen sehr guten Ruf erarbeitet, was auch von über 3500 Besuchern täglich belegt wird. Die Leser schätzen laut Sebastian Notbom außerdem die sehr ehrliche und objektive Bewertung von Filmen.

„Es gibt keine Bonuspunkte, wenn uns Labels Rezensionsexemplare zur Verfügung stellen. Wenn ein Film nichts taugt, dann wird er dementsprechend negativ bewertet oder wir verzichten ganz auf einen Bericht. Wir bewerten auch jedes Subgenre als solches, das heißt beispielsweise, dass ein Tierhorrorfilm auch als Tierhorrorfilm besprochen wird. In jedem Subgenre gibt es Referenzen, die wir versuchen als Maßstäbe zu nehmen.“

Abschließend hat Sebastian noch zwei persönliche Fragen beantwortet:

1. LWR: Du hast schon einige Stars für deine Seite interviewt. An welchen Gesprächspartner erinnerst du dich besonders gern?

Sebastian N.: Das waren tatsächlich Ralf Möller und Marcus Nispel bei einem Interview zu „Pathfinder“ in Berlin. Vor dem Interview musste ich mit vielen Redakteuren in einem Raum warten, die mich fast alle gefragt haben, wer ich denn eigentlich sei und was ich so mache. Da habe ich natürlich aus dem Nähkästchen geplaudert. Später habe ich die Jungs und Mädels dann als Moderatoren zum Beispiel im Sat 1 „Frühstücksfernsehen“ gesehen. Alle waren sehr nett und sehr interessiert an meiner Seite. Wahrscheinlich war ich so interessant, weil ich als punkiger Typ und einziger Online-Redakteur wie ein Paradiesvogel zwischen ihnen gewirkt haben musste. Als ich aufgerufen wurde, ging ich mit meiner Sony miniDV-Kamera in den Raum, wo das Interview stattfinden sollte. Erstaunt guckte mich dann ein echtes Kamera-Team an, die ein wenig über meine kleine Kamera witzelten. Aber ich wollte unbedingt selbst filmen, da ich das Material zuhause gleich schneiden konnte. Der am Kopf kahlgeschorene Marcus Nispel (u.a. Michael Bay’s „Texas Chainsaw Marssacre“) mit seinem Weihnachtsmannbart und der Flecktarn-Bundeswehrhose schrie nur: “Ich will mich selbst filmen!” und riss mir die Kamera aus der Hand. Dummerweise hat Marcus aber vergessen den Aufnahmeknopf zu drücken, während wir sprachen. Das war wirklich sehr schade, weil die Kameraperspektive ziemlich genial war: Er hielt die Cam auf seinem Schoß und kreierte “die Nispel-Nose-Cam”, da man direkt in seine Nase gucken konnte, wie ich später in zufällig aufgenommen Fragmenten erkennen konnte. Als das Interview vorbei war, kam er mit Schnittchen im Warteraum zu mir und erzählte Anekdoten darüber, wie er Ralf Möllers abgeschlagenen Kopf aus dem Film durch den Zoll eines amerikanischen Flughafens bringen musste: Ihm war der Kopf aus der Tasche gefallen, wobei ein Auge gut 10 Meter über den Boden rollte. Er schmatzte, lachte und schlürfte seinen Kaffee.
Ralf Möller ist ein wirklich super netter und witziger Kerl. Das Interview war auch klasse und es war sehr interessant für mich, solch ein “B-Prominenz-Kaliber” kennenzulernen. Danach musste ich allerdings warten, da mir die Moderatorin vom Frühstücksfernsehen ihre Aufnahme von Marcus zur Verfügung gestellt hat. Die musste aber erst auf DVD gebrannt und von einem Boten gebracht werden. Ich war der letzte im Raum und habe mit Marcus und Ralf das Hotel zusammen verlassen. Im Fahrstuhl fingen die beiden Spaßvögel dann an zu balgen und zu kämpfen wie Teenager. Aus Höflichkeit wollte ich eigentlich warten, doch sie luden mich ein mitzukommen. Ralf nahm Marcus in den Schwitzkasten, weil er so ein “straighter” Regisseur ist, und rieb mit den Fingerknöcheln über seine Glatze, woraufhin Marcus am Quieken und Gackern war. Es war sehr skurril aber auch irre witzig, das Treiben zu beobachten. So konnte ich sehr gut sehen, dass es sich auch nur um ganz normale und bodenständige Menschen handelt. Das hat mir für die Zukunft einiges an Schüchternheit genommen.

2. LWR: Wenn du ein Schauspieler wärst, welche Rolle würdest du spielen wollen?

Sebastian N.: Definitiv wäre ich Indiana Jones! Ich tauge aber nichts als Schauspieler. Ich sollte ein paar mal bei “Produktionen” von Freunden mitspielen. Aus diesen ist aber, ebenso wie aus meiner Filmidee, nichts geworden. Ich sehe mich eher in der Regie- und Kameraecke. Ergänzend zu der Frage würde ich eher sagen, dass ich einige Regisseure sehr bewundere, die alle im Horrorgenre angefangen haben. Da wären Peter Jackson (“Braindead”), Alexandre Aja (“High Tension”, “The Hills have Eyes”), Eli Roth (“Cabin Fever”, “Hostel”), James Wan (“Saw”, “Insidious”), Christopher Smith (“Severance”, “Triangle”), Rob Zombie (“The Devil’s Rejects”, “Halloween”), Julian Gilbey (“Footsoldier”, “A lonely place to die”) und Xavier Gens (“Frontiers”). Ich stehe sehr auf den schmuddeligen, aber aalglatten Look ihrer Filme, die zudem ungewöhnlich roh und hart sind. Schauspieler sind für mich eher Mittel zum Zweck, aber nicht unbedingt die Kraft, die Filme gut macht.

 

Hier geht es zur GruselSeite

Verfasst von Thomas.

Zuletzt geändert am 08.02.2012
Gruselseite.com: Im Gespräch mit Gründer Sebastian Notbom

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