Inhalt: So schnell geht es manchmal im Leben: Der junge Schulabbrecher Dean (Ryan Gosling, „The Place Beyond the Pines“) lernt durch Zufall die Medizinstudentin Cindy (Michelle Williams, „My Week with Marilyn“) kennen. Für Dean und Cindy ist es Liebe auf den ersten Blick. Als Cindy herausfindet, dass sie von ihrem Ex-Freund Bobby (Mike Vogel, „Bates Motel“) schwanger ist, beschließen die beiden zu heiraten und die kleine Frankie als gemeinsames Kind großzuziehen. Sechs Jahre später steht ihre Ehe vor dem Aus. Sie ist als Krankenschwester eingespannt, er hat kaum noch Berufsaussichten. Um die Beziehungsprobleme zu bekämpfen, fahren sie aus der Stadt. Fern vom Alltagslärm wollen die beiden in einem exklusiven Motel retten, was nicht mehr zu retten ist.
Kritik: Zwölf Jahre brauchte Regisseur Derek Cianfrance, um sein Wunschprojekt „Blue Valentine“ realisieren zu können. Nachdem er nach Jahren die Finanzierung gesichert hatte, mussten die Dreharbeiten verschoben werden, um Michelle Williams Zeit zum Verarbeiten des Todes ihres Lebensgefährten Heath Ledger zu geben. Nachdem der Drehort noch von Brooklyn nach Pennsylvania verlegt wurde und Gianfrance auf seine Gage verzichtete, damit das Budget von 3,5 Millionen Dollar nicht gefährdet wurde, konnte der Film endlich gedreht werden. Es entstand ein packendes, vollkommen klischeefreies Beziehungsdrama. Die Probleme der beiden werden nie geschönt und mit den Rückblenden auf ihren Beziehungsbeginn hart kontrastiert.
Der Film nähert sich Dean und Cindy in sehr gemächlichem Tempo an, was zu einer genauen und tiefschürfenden Analyse seiner Charaktere führt. Cindys destruktives Umfeld und Elternhaus wird ebenso angedeutet wie ihre zahlreichen Männerbekanntschaften, die zu der ungewollten Schwangerschaft und dem Abbruch des Medizinstudiums führten. Sie hat sich lange Zeit ihrem Schicksal ergeben, konnte aber nie ganz ihre Unzufriedenheit über den Verlust ihrer beruflichen Träume verbergen und hat daher Probleme, eine enge Bindung zu ihrer Tochter aufzubauen.
Sie legt Wert auf Disziplin, Anerkennung und möchte immer gepflegt auftreten. Dean hatte nie familiären Halt, ist mit den Gelegenheitsjobs zufrieden und lebt in den Tag herein. Dabei ist es bei Dean vor allem die Optik, die seine Unzufriedenheit ausdrückt. Aus dem energiegeladenen Rebell in Lederjacke ist innerhalb von sechs Jahren ein vom Alkohol gezeichneter Mann mit Geheimratsecken und ungepflegtem Outfit geworden. Dabei ist es Cianfrance besonders hoch anzurechnen, dass er Dean nicht als Versager und Cindy nicht als Zicke inszeniert. Es sind zwei sympathische Charaktere, die zwar nie fehlerfrei, aber immer nachvollziehbar und menschlich handeln.
Zwei glänzende Charakterdarsteller im Duell
Das die Erzählung der Geschichte funktioniert, liegt an den außergewöhnlich starken Darstellern, die die sehr detaillierten Charaktere bis in die kleinsten Facetten genau verkörpern können. Michelle Williams spielt mit einer unglaublichen Wärme und Liebenswürdigkeit. Sie schafft es aber auch ihren Frust und ihre Verbitterung nach den Jahren der stagnierten Beziehung glaubhaft zu verkörpern. Der Zuschauer muss zu keiner Zeit zweifeln, ob sie sich über die Konsequenzen für die kleine Tochter im Klaren ist. Trotz ihrer Distanz ist die Liebe zu ihrer Familie jederzeit greifbar.Für ihre Leistung wurde sie als „Beste Hauptdarstellerin“ für einen Oscar und einen Golden Globe nominiert.
Auch Ryan Gosling vollbringt als Dean eine große Leistung. In den Rückblenden ist seine Kraft und Energie fast ansteckend und reißt den Zuschauer mit. Sein Dean am Ende der Beziehung wird von einer bleiernen Schwere heruntergezogen. Er hat kaum noch Hoffnung auf eine vielversprechende Zukunft. Trotzdem ist Dean ein treusorgender und liebevoller Vater. Ryan Gosling verleiht seiner Figur dabei die nötige Würde. Außerdem hat er die Lieder, die Dean im Film singt, alle selbst geschrieben und aufgenommen. Für seine Leistung wurde er mit einer Golden Globe-Nominierung als „Bester Hauptdarsteller“ belohnt.
Auch wenn Derek Cianfrance „Blue Valentine“ manchmal ein bisschen langatmig erzählt, ist ihm ein wunderbarer Film gelungen. Seine Figuren sind realistisch, aber nie selbstmitleidig. Eine Sexszene im Motel wird zur psychologischen Kriegsführung. Das ist stilistisch einmalig gut und tut dem Zuschauer körperlich weh. Die Rückblenden, wie beispielsweise ein Ständchen von Dean, zu dem Cindy tanzt, sind charmant und rühren den Zuschauer fast zu Tränen. Der auf dem Sundance-Festival gefeierte Film war in jedem Fall jede Minute der Geduld von Cianfrance wert.
4,5 von 5 Punkten
Bild: Der Transfer dieses Low-Budget-Films ist hervorragend gelungen. Die Bilder sind glasklar, sehr detailreich und unterstreichen mit ihrer Farbenwahl ideal die Grundstimmung des Films. Selbst in sehr dunklen Szenen wird ein nahezu perfekter Kontrast geboten.
5 von 5 Punkten
Ton: Auch wenn hier aufgrund der Natur des Films kein Technikgewitter geboten wird ist der DTS-HD MA 5.1-Sound in Deutsch und Englisch auf oberstem Niveau. Die Dialogverständlichkeit ist jederzeit gegeben und bei den detailreichen Hintergrundgeräuschen werden auch die verschiedenen Boxen angesprochen, was einen gelungenen Raumklang erzeugt.
4,5 von 5 Punkten.
Extras: Hier findet sich die einzige Schwäche der Blu-Ray: Es sind ein Audiokommentar mit Derek Cianfrance, ein Kurz-Making-of, geschnittene Szenen und der Trailer enthalten. Die Extras sind zwar recht interessant, hätten aber für einen größeren Mehrwert reichhaltiger ausfallen müssen.
3 von 5 Punkten
Gesamt: 4 von 5 Punkten
Bildquelle: Senator Film, YouTube