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Review: Ich und Earl und das Mädchen (Kino)

Das Teaser-Plakat zu “Ich und Earl und das sterbende Mädchen” (© Fox Deutschland)

Inhalt: Kurz vor dem Ende der Highschool gelingt es Gregg (Thomas Mann, „Hänsel und Gretel – Hexenjäger“) bestens, mit jedem klarzukommen, ohne mit irgendjemandem wirklich etwas zu tun zu haben. Er ist stolz, das „unter dem Radar fliegen“ perfektioniert zu haben. Einzig Earl (RJ Cyler), mit dem er seit vielen Jahren kleine Kurzfilme in Anlehnung an Klassiker dreht, darf sich zu seinem engeren Kreis zählen. Da passt es natürlich gar nicht ins Bild, als Greggs überbehütende Mutter (Connie Britton) ihn drängt, Zeit mit dem an Leukämie erkrankten Nachbarsmädchen Rachel (Olivia Cooke, „Bates Motel – Season 1“) zu verbringen. Trotz mäßiger Begeisterung von ihm und Rachel, die nichts mehr hasst als Mitleid, entsteht langsam eine Freundschaft. Auf seltsame Weise gelingt es den beiden, ihre Perspektive aufs Leben dank des anderen nachhaltig zu verändern.

 

Kritik: Der Roman „Ich und Earl und das sterbende Mädchen“ von Jesse Andrews war 2013 ein Überraschungs-Hit und bot sich ohne Umschweife für eine Verfilmung an. Alfonso Gomez-Rejon, Martin Scorsese-Protegé und Regisseur bei „American Horror Story“, nahm sich der Geschichte an und schuf einen Publikums-Liebling beim diesjährigen Sundance-Festival. Wer aufgrund des reinen Inhalts an den Tränendrüsen-affinen (aber dennoch gelungenen) „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ denkt, wird schon bald ein anderes Erlebnis haben. „Ich und Earl und das Mädchen“ ist sonderbar, sehr lustig und hat das Herz an genau der richtigen Stelle. Vom eigenbrötlerischen Protagonisten, der auch als Off-Erzähler fungiert, werden die Zuschauer in die Wes Anderson-Vorstadtwelt eingeführt. Die meisten Charaktere sind zumindest leicht kauzig, weswegen der Zuschauer volles Mitgefühl mit Gregg entwickelt. Zwischenschnitte, in denen seine Gedanken durch tierische Pappmaschee-Figuren ausgedrückt werden, zeigen, dass man hier nicht bei alltäglicher Unterhaltung gelandet ist.

Rachel und Gregg suchen andere soziale Kontakte – blöde Idee (© Fox Deutschland)

Die von den Eltern erzwungene „Freundschaft“ zwischen Gregg und Rachel wird dann bald zum Mittelpunkt des Geschehens. Beide sind nicht wirklich zufrieden mit dem Beisammensein und flüchten sich in Ärger und Humor. Hier spätestens wird offensichtlich, dass der Zuschauer trotz aller Extravaganzen zwei Jugendliche mit ihren echten Problemen vor sich hat. Gerade weil der Haupt-Charakter sein Publikum immer wieder zum Komplizen macht, kommt es zu keiner krampfhaften Romantisierung des Geschehens. Dazu kommen die netten kleinen Filme, mit denen sich Gregg, Earl und auch die Macher des Filmes vor großen Kino-Klassikern verneigen. So dürfte jeder Cineast bei Werken wie „Sockwork Orange“ das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekommen. Es gelingt immer, die Wage zwischen Witz, Trauer, Eigenwilligkeit und Realität zu halten. Ein guter Teil des Verdienstes liegt bei den jungen Darstellern.

Von der Zombie-Apokalypse in den Klassenraum (© Fox Deutschland)

Thomas Mann, der mit „Project X“ bekannt wurde, entpuppt sich als Volltreffer in der Hauptrolle. Sein notorisch unzufriedener Gregg, der sich gern in Sarkasmus flüchtet, ist trotz all seiner Fehler ein Hauptcharakter, der durchgängig funktioniert, was auch dem intelligenten Spiel Manns zu verdanken ist. Als Gegenpart zeigt Olivia Cooke, dass „Ouija – Spiel nicht mit dem Teufel“ für sie nur ein Ausrutscher war. Die krebskranke Rachel, die zwischen Hoffnung und Frustration mit ihrer schweren Krankheit klar kommen muss, spielt Cooke beeindruckend gut. RJ Cyler ist als aufrichtiger Earl der dritte im Bunde dieser zusammengewürfelten Clique. Auch er dürfte noch öfters auf der großen Leinwand zu bewundern sein. Als erwachsene Sonderlinge machen beispielsweise Connie Britton, Nick Offerman („Wir sind die Millers“) und ein inflationär tätowierter Jon Bernthal („The Wolf of Wall Street“) den Jugendlichen in witzigen Parts das Leben schwer.

Es gibt Filme, bei denen sich erst Stunden nach dem Verlassen des Kinos die wirkliche Klasse offenbart. „Ich und Earl und das Mädchen“ ist schräg, originell, humorvoll und dabei tieftraurig. Wie seine famos verkörperten Protagonisten gibt der Film nicht viel auf Konventionen, schafft es aber gerade auf seine verschrobene Art, besonders glaubwürdig zu sein und so die Zuschauer zu berühren.

4,5 von 5 Punkten


Quelle: Fox, Leinwandreporter TV, YouTube

Ich und Earl und das sterbende Mädchen

Originaltitel:Me, Earl And The Dying Girl
Regie:Alfonso Gomez-Rejon
Darsteller:Thomas Mann, Olivia Cooke, RJ Cyler
Genre:Tragikomödie
Produktionsland/-jahr:USA, 2015
Kinostart:19.11.2015
Verleih:Fox Deutschland
Länge:106 Minuten
FSK:ab 6 Jahren

Verfasst von Thomas.

Zuletzt geändert am 19.11.2015
Review: Ich und Earl und das Mädchen (Kino)

Thomas

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