Interview Aron Lehmann

Das Plakat von "Kohlhaas oder die Verhältnismäßgkeit der Mittel" (Quelle: Missingfilms)

Das Plakat von “Kohlhaas oder die Verhältnismäßgkeit der Mittel” (Quelle: Missingfilms)

Ab dem 08.08.2013 startet mit „Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel“ der Debütfilm von Regisseur Aron Lehmann in den deutschen Kinos. In dem Film geht es um einen jungen Regisseur (gespielt von Robert Gwisdek) der eine aufwendige Neuverfilmung von dem Heinrich Kleist-Klassiker „Michael Kohlhaas“ drehen möchte. Als schon am ersten Drehtag die Produzenten abspringen, ist er aber nicht bereit, seine Vision zu begraben. Gemeinsam mit dem nicht geflüchteten Teil des Teams und den Einwohnern eines kleinen Dorfes gibt er sich voller Leidenschaft an die Umsetzung des Projektes und muss dabei immer wieder Rückschläge verkraften. Dieser herrlich tragikomische Blick an ein etwas anderes Filmset wurde schon vor Kinostart auf mehreren Festivals ausgezeichnet. Erst vor wenigen Tagen bekam der Film das Prädikat: „Besonders wertvoll“ verliehen. Regisseur Aron Lehmann hat uns für ein Telefoninterview zur Verfügung gestanden und zahlreiche Fragen rund um den Film beantwortet.

LWR: Erzähl uns von dir. Wie kam deine Verbindung zum Film?

Aron Lehmann: Die Verbindung zum Film kam eigentlich schon sehr früh. Mein Vater ist Buchhändler und die Geschichten haben schon als Kind mein Interesse geweckt. Bald habe ich mir schon erste eigene Geschichten ausgedacht. In der Grundschule habe ich dann mit Freunden kleine Hörspiele produziert. Als ich zwölf Jahre alt war, kam mein Onkel mit einer Kamera vorbei und ich habe dann mit Verwandten kleine Filme gedreht. Da wir nichts zum Schneiden hatten, lief eine Szene immer, bis auf den Pausenknopf gedrückt wurde. Eine Parallelmontage lief daher: Start drücken, Szene drehen, Stopp drücken, Perspektive wechseln und die gleiche Szene noch einmal drehen. Mit 16 Jahren habe ich es dann zum ersten Mal bewusst wahrgenommen, das für mich eine berufliche Zukunft im Film stecken könnte. Das war für mich dann auch der Hauptgrund, mein Abitur zu machen, obwohl ich ein mäßiger Schüler war. Wirkliche kreative Förderung habe ich während der Zeit im Unterricht auch kaum bekommen. Mit 18 hatte ich dann mein erstes Schnittprogramm und war ganz überrascht, wie einfach das Filmemachen so war. Nach dem Abitur bin ich dann nach Berlin gezogen und habe mich dort und in Potsdam auf der Filmhochschule beworben. Zum Glück bin ich dann auch gleich von der HFF Potsdam akzeptiert worden.

Der Kohlhaas und sein falsches Pferd (Quelle: Missingfilms)

Der Kohlhaas und sein falsches Pferd (Quelle: Missingfilms)

LWR: „Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel“ hast du als Abschlussprojekt für dein Studium gedreht. Was hat dich auf die Idee dieser Film im Film-Geschichte gebracht?

Aron Lehmann: Der Einfall war eigentlich aus der Not geboren. Ich hatte schon ein anderes Projekt geplant und war das Drehbuch am schreiben, als 2010 die Finanzkrise auch bei der HFF landete. Deswegen mussten alle Schüler jetzt auf einmal pünktlich nach 11 Semestern mit ihrer Abschlussarbeit durch sein. Da ich wusste, dass mir Zeit und Geld für mein eigentliches Projekt fehlten, blieb mir ein Jahr, um ein Drehbuch zu schreiben und den Film zu drehen. Ich wusste, das ich trotzdem etwas epochales schaffen wollte und hatte dann einen Ritterfilm im Blick, der ohne Budget hauptsächlich über die Vorstellung des Zuschauers funktioniert. So kam ich auch darauf, die Entstehung des Filmes mit in den Film hineinzunehmen, sozusagen ein Pseudo-Making of, das im halb dokumentarischen Stil diese Produktion zeigt.

LWR: Wodurch bist du darauf gekommen Kleists „Kohlhaas“ in deine Geschichte einzuarbeiten?

Aron Lehmann: Mir war klar, dass der chaotische Dreh eines Ritterfilms hauptsächlich für Lacher sorgen würde. Damit der Film nicht zu sehr ins Klamaukige abrutscht, fehlte eine starke Hintergrundgeschichte. So habe ich mich quer durch die deutsche Literatur gelesen und bin dann irgendwann auf Kleists „Kohlhaas“ gestoßen. Nach wenigen Seiten fielen mir die beeindruckenden Ähnlichkeiten bezüglich des Charakters und der Probleme von meinem Regisseur Lehmann und Michael Kohlhaas auf. Da war die Wahl klar.

Noch erwartet die Besetzung die (erste) Hiobsbotschaft (Quelle: Missingfilms)

Noch erwartet die Besetzung die (erste) Hiobsbotschaft (Quelle: Missingfilms)

LWR: Bitte fasse die Kernaussage von „Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel“ in einem Satz zusammen.

Aron Lehmann: Fantasie ist stärker als die Wirklichkeit.

LWR: Neben all dem Charme und Witz zeichnet dein Film ein durchaus düsteres Bild der deutschen Filmlandschaft. Wie schwer ist es, als Jungfilmer sich in Deutschland zu profilieren?

Aron Lehmann: Es ist sehr schwer, in Deutschland als Jungfilmer Fuß zu fassen. Dabei ist mein Film gar keine gewollte Kritik an der deutschen Filmlandschaft. Mir geht es viel mehr um die Verwirklichung von Träumen und Visionen, die ich halt an einem Regisseur fest mache. Mir geht es noch nicht einmal um den Filmbereich an sich, sondern um die Kreativität, die genauso bei einem Architekten zu finden ist. Natürlich werden in Deutschland mehr Nachwuchs-Filmemacher ausgebildet, als Platz auf dem Markt ist. Dadurch ergibt sich schon ein große Konkurrenzsituation. Diese wurde durch die Digitalisierung noch einmal verschärft, da jetzt auch mit kleinen Mitteln schon recht brauchbare Filme gedreht werden können. Aus dieser Masse hervorzustechen, kann halt nicht jedem gelingen.

LWR: Du hast einige sehr prominente Schauspieler (u.a. Robert Gwisdek, Rosalie Thomass) im Cast deines Filmes. Wie kam es zur Zusammenarbeit und ggf. zur Finanzierung?

Aron Lehmann: Das Ensemble ist das absolute Schmuckstück des Filmes. Die Zusagen der Schauspieler kamen schon, bevor irgendetwas zur Finanzierung feststand. Jeder Schauspieler will eigentlich einfach nur spielen und sich austoben und das Drehbuch von „Kohlhaas“ hat ihnen dazu die Möglichkeit gegeben. Als der Dreh kam, war eigentlich schon klar, das aufgrund des Mini-Budgets keine Gagen gezahlt werden können. Aber alle hatten Spaß und haben großartiges geleistet.

LWR: „Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel“ lebt zu großen Teilen von seinen kuriosen Sequenzen. An welchen geplanten oder ungeplanten Moment während des Drehs erinnerst du dich besonders gerne?

Aron Lehmann: Da würde mir eigentlich sofort der Streit von Regisseur Lehmann (Robert Gwisdek, Anm. der Red.) und Kohlhaas (Jan Messutat, Anm. der Red.) im Wirtshaus um ein eigenes Zimmer einfallen, wo Lehmann meint, dass Kohlhaas auch kein eigenes Zimmer hatte und für einen solchen Luxus ganze Städte niedergebrannt hätte. Bei dieser Szene spielte das ganze Ensemble weit über das Drehbuch hinaus und ließ es 17 Minuten in einem Take richtig krachen. Robert und Jan waren irgendwann nach draußen gegangen, spielten Fußball und aßen Brötchen vom Catering. Da ich die beiden aber unbedingt bei der Szene wieder dabei haben wollte, schickte ich meine Regie-Assistentin, die die beiden holte. Wenn man genau darauf achtet sieht man Robert im Rohmaterial auch noch kauen. Dann hat sich Jan den Kopf gestoßen, was die Einleitung für den richtigen Streit im Film wurde.

LWR: Gibt es schon neue Projekte von denen du etwas erzählen kannst?

Aron Lehmann: Aktuell arbeite ich an einem Drehbuchauftrag für einen Film, der vom Medienboard Berlin-Brandenburg gefördert wird. Ansonsten bin ich noch im Gespräch für eine Kinokomödie, bei der ich möglicherweise Regie führen darf. Das einzig wirklich konkrete ist aber mein Drehbuch, an dem ich im Moment schreibe.

 

Verfasst von Thomas.

Zuletzt geändert am 18.08.2013
Interview mit Aron Lehmann

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