Review: The Straight Story – Eine wahre Geschichte (David Lynch Complete Film Collection)

"The Straight Story" ist Teil der "David Lynch Complete Film Collection" (© StudioCanal)

“The Straight Story” ist Teil der “David Lynch Complete Film Collection” (© StudioCanal)

Inhalt: Alvin Straight (Richard Farnsworth) ist 73 Jahre alt, wegen seiner Diabetes halb blind, hat massive Hüftprobleme – und einen Dickkopf, wie er im Buche steht. Er lebt mit seiner geistig zurückgebliebenen Tochter Rose (Sissy Spacek, „Castle Rock“) in einem Kaff in Iowa und langweilt sich durch den Alltag. Als er dann hört, dass sein Bruder Lyle (Harry Dean Stanton, „Twin Peaks“), mit dem er seit einem Streit vor zehn Jahren kein Wort mehr gewechselt hat, einen Schlaganfall hatte, entschließt er sich, diesen zu besuchen. Allerdings stellen 500 Kilometer Distanz in Abwesenheit eines Autos eine ganz schöne Herausforderung da. Doch Alvin wäre nicht Alvin, wenn er keine Lösung parat hätte: Er setzt sich auf seinen Rasenmäher und fährt los.

 

Kritik: Wenn ein Film-Fan den Namen David Lynch hört, dürften unweigerlich Gedanken an kryptischen Symbolismus, surreale und skurrile Geschichten, erzählerische Brüche sowie unzählige Deutungsebenen aufkommen. Im Jahr 1999 wollte er mit „The Straight Story – Eine wahre Geschichte“ dann doch einmal eine andere Seite von sich zeigen. Das Biopic eines Mannes, der mit dem Rasenmäher durchs Land fährt, entbehrt natürlich jeglicher Art von Kontroversen – weshalb man schnell Gefahr läuft, dieses Lynch-Werk zu unterschlagen. Der Ausflug des Regisseurs in die Welt von Filmen mit klarem, rotem Faden entpuppt sich als zweischneidiges Schwert. So ist der Film auf seine melancholische Art ausgesprochen sympathisch und auf eine angenehme Weise authentisch. Die Landschaftsaufnahmen, die auf Alvins Weg eingefangen werden, sind toll und geben dem Werk die nötigen Schauwerte.

Alvin liebt seine Zigarren (© StudioCanal)

Alvin liebt seine Zigarren (© StudioCanal)

David Lynch hat aber noch ein Ass im Ärmel, das er besser nicht ausgespielt hätte: Wer vermutet, dass eine Reise mit dem Rasenmäher auch filmisch eine gemächliche Angelegenheit wird, liegt ohnehin richtig. Doch bei „The Straight Story“ wird selbst unter den gegebenen Voraussetzungen mit Halbgas gearbeitet. In der Anfangsphase gibt es für den Regisseur typische Szenen, in denen er bewusst nichtige Dialoge in die Länge zieht. Eine Sequenz, in der Alvin seinen Greifer für die Reise kauft, ist da ein klassisches Beispiel. Dazu will Lynch den Zuschauer scheinbar spüren lassen, wie mühsam diese Reise ist, wenn Aufnahmen immer weiter laufen lässt, in denen nahezu nichts passiert und der Protagonist kaum von der Stelle kommt. Diese Wahl dürfte bewusst gewesen sein – fordert von den Zuschauern aber ein hohes Maß an Zähigkeit und Frust-Resistenz ein.

Der zu diesem Zeitpunkt schon an Krebs erkrankte – und im Jahr darauf verstorbene – Richard Farnsworth zeigt als starrköpfiger, kompromissloser Zausel, der aus familiärer Liebe diese absurde Reise auf sich nimmt, eine bewundernswerte Leistung und beweist, wie sehr eine Idealbesetzung einen Film aufwerten kann. Sissy Spacek als herzlich-naive Tochter bekommt bei dieser One-Man-Show noch am ehesten so etwas wie eine nennenswerte Nebenrolle spendiert.

„The Straight Story – Eine wahre Geschichte“ ist ein liebenswerter, kleiner Film über einen ungewöhnlichen Mann und seine schräge Reise. Obwohl dieses schick bebilderte und gut gespielte Roadmovie exakt so erzählt ist, wie es dem Regisseur vorschwebte, sorgt der teils völlige Verzicht auf Unterhaltungswert für ein manchmal wirklich schwer zugängliches Film-Erlebnis. Dennoch ist Lynchs gradlinigster Films in jedem Fall geglückt.

Auf seiner Reise trifft Alvin Gleichgesinnte (© StudioCanal)

Auf seiner Reise trifft Alvin Gleichgesinnte (© StudioCanal)

Der Film ist Teil der „David Lynch Complete Film Collection“, die am 10.10.2019 auf DVD und Blu-ray veröffentlicht wird.

3,5 von 5 Punkten

 

Bild: Der Bild-Transfer ist ordentlich ausgefallen. Schärfe und Detailgrad schwanken zwischen mittelmäßig und gut. Die Farbpalette passt zum Film und sieht eigentlich immer natürlich aus. Kontraste und Schwarzwert verursachen ebenfalls keine zu großen Probleme. Das Bild wirkt recht sauber, ohne dabei zu glatt zu erscheinen.

4 von 5 Punkten

Ton: Neben der originalen DTS-HD MA 2.0-Vertonung liegt noch eine deutsche DTS-HD MA 5.1 Spur bei. Die Räumlichkeit der Synchronfassung hält sich aber erwartungsgemäß in Grenzen. So sorgen hier und da einzelne Hintergrundgeräusche und die Musik für ein wenig Aktivität auf den äußeren Boxen. Ansonsten bleibt es bei beiden Varianten bei einer frontlastigen Präsentation. Immerhin sind die Abmischungen sauber und die Dialogverständlichkeit immer gewährleistet. Viel mehr darf man bei einem derart ruhigen Film nicht verlangen.

3,5 von 5 Punkten

Extras: Bis auf ein paar Trailer gibt es kein Bonusmaterial.

1 von 5 Punkten

Gesamt: 3 von 5 Punkten

Der Film ist ab dem 04.07.2024 im Programm von Arthaus+ zu sehen.


Quelle: EJ2012at, YouTube

The Straight Story – Eine wahre Geschichte

Originaltitel:The Straight Story
Regie:David Lynch
Darsteller:Richard Farnsworth, Sissy Spacek, Harry Dean Stanton
Genre:Drama
Produktionsland/-jahr:USA/Frankreich, 1999
Verleih:StudioCanal
Länge:106 Minuten
FSK:ab 6 Jahren

Mehr Informationen findet ihr auf der Seite von StudioCanal

Verfasst von Thomas.

 

Zuletzt geändert am 05.07.2024
Review: The Straight Story – Eine wahre Geschichte (David Lynch Complete Film Collection)

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