Review: Silver Linings (Kino)

Das Kinoplakat von "Silver Linings" (Quelle: Senator Film)

Das Kinoplakat von “Silver Linings” (Quelle: Senator Film)

Inhalt: Weil er den Liebhaber seiner Frau halb tot geprügelt hat, hat Pat Solatano (Bradley Cooper, „Ohne Limit“) seine Frau (Brea Bee), sein Haus und seinem Job verloren. Im Rahmen einer Untersuchung nach der Tat wurde bei ihm eine bipolare Störung festgestellt, die ihm einen achtmonatigen Aufenthalt in einer Nervenheilanstalt beschert hat. Nach seiner Entlassung zieht er wieder bei seinen Eltern Pat Sr. (Robert de Niro, „Jackie Brown“) und Dolores (Jacki Weaver, „Animal Kingdom“) ein. Sein größter Wunsch ist es, wieder mit seiner Frau zusammen zu kommen. Dafür beginnt er zu lesen, Sport zu treiben und seine ganze Einstellung zu überdenken. An einem Dinner-Abend bei seinem Kumpel Ronny (John Ortiz, „Luck“) und dessen herrischer Frau Veronica (Julia Stiles, Dexter Season 5) lernt er Veronicas Schwester Tiffany (Jennifer Lawrence, „House at the End of the Street“) kennen. Tiffany ist nie über den Tod ihres Mannes weggekommen und seitdem fast so verstört wie Pat. Nach einigen Startschwierigkeiten freunden sich die beiden Sonderlinge an und gehen einen Deal ein: Tiffany hilft Pat seine Frau noch einmal zu erobern, wenn er dafür mit ihr an einem Tanzwettbewerb teilnimmt.

 

Kritik: Der auf skurrile Komödien spezialisierte David O. Russell hatte 2010 mit dem Boxer-Drama „The Fighter“ einen preisgekrönten Kritiker-Erfolg. Jetzt kehrt er mit „Silver Linings“ zu seinen Wurzeln zurück und zeigt den besten Genre-Film der letzten Jahre, der direkt für acht Oscar-Kategorien nominiert wurde (u.a. Regie und Drehbuch für Russell selbst). Nachdem seichte Romantik-Komödien mit Katherine Heigl, Jennifer Aniston und Co. im Überfluss in die Kinos kamen, ist hier „Verrückt sein“ Trumpf. Hauptfigur Pat ist eigentlich ein ziemlich armer Tropf, mit dem der Zuschauer von der ersten Sekunde an mitleidet. Er hat alles verloren, weil er irgendwo anders ist. Russell geht seine Figuren mit angemessener Ernsthaftigkeit und zeigt dem Zuschauer nicht nur die liebenswert tapsigen Dialoge der beiden, sondern behandelt auch eindringlich Pats Wutausbrüche und Tiffanys Sexsucht.

Pat und Tiffany diskutieren in einem Diner (Quelle: Senator Film)

Pat und Tiffany diskutieren in einem Diner (Quelle: Senator Film)

Wer ist hier der Irre?

Aber auch alle, die rund um die sozial isolierten Protagonisten wimmeln, haben ihr Päckchen zu tragen. Pats gleichnamiger Vater nervt alle mit seinen Zwangsneurosen rund um die Philadelphia Eagles. Die Mutter ist schlicht überfordert. Der Kumpel Ronny lässt sich von Tiffanys Schwester terrorisieren, die ebenfalls sehr eigenartig ist. Pats Bruder (Shea Whigham, „Take Shelter – Ein Sturm zieht auf“) ist an Egomanie kaum zu übertreffen und Danny (Chris Tucker, „Jackie Brown“), bricht immer aus der Anstalt aus, um Pat zu besuchen. Hier spinnt auf seine Art jeder, bleibt dabei aber immer äußerst menschlich. David O. Russell gelingt es dabei in jeder Sekunde, die Waage zwischen sehr witziger Komödie und emotionalem Drama zu finden, ohne in irgendeiner Weise zu überziehen. Dabei kann er sich jederzeit auf einen Cast verlassen, der in absoluter Höchstform aufspielt.

Pats Eltern sind der Gesundung ihres Sohnes gegenüber misstrauisch (Quelle: Senator Film)

Pats Eltern sind der Gesundung ihres Sohnes gegenüber misstrauisch (Quelle: Senator Film)

Bradley Cooper hatte schon in dem starken „Ohne Limit“ angedeutet, dass er mehr zeigen kann, als in „Hangover“ gefordert wurde. Er brilliert als geistesgestörter, unberechenbarer, irgendwo liebenswerter kindischer Kerl und setzt die Taktlosigkeit seiner Figur perfekt um. Er ist der zentrale Punkt der Geschichte und sorgt jederzeit dafür, dass alles so reibungslos ineinander greift. Leider hat er nur absolute Außenseiter-Chancen, seine Oscar-Nominierung in eine durchaus verdiente Auszeichnung umzusetzen. Anders sieht es da bei Jennifer Lawrence aus. Ihre unglaublich emotionale, körperliche und präsente Darstellung, mit der sie die Szenerie spielend leicht beherrscht, hat ihr zuletzt den Hauptdarsteller-Golden Globe eingebracht und muss zum Oscar reichen.

 

Stress im Hause Soltano (Quelle: Senator Film)

Stress im Hause Soltano (Quelle: Senator Film)

Auch Robert De Niro spielt hier seine beste Rolle seit vielen Jahren. Als neurotischer Football-Fan zeigt er in jeder Nuance seine Vielseitigkeit, die ihn seit über 40 Jahren an der Spitze Hollywoods hält. Er wurde genauso wie seine Filmfrau Jacki Weaver für einen Nebendarsteller-Preis nominiert. Weavers Leistung als angestrengte, herzliche, aber verzweifelte Löwenmutter ist ebenfalls in höchstem Maße zu würdigen. Auch Chris Tuckers Leistung als psychotisch-sympathischer Danny wäre durchaus preisverdächtig gewesen, aber irgendwo muss der Schnitt gemacht werden. Shea Whigham, John Ortiz, Julia Stiles und Anupam Kher komplettieren mit starken Auftritten das makellose Schauspielensemble.

David O. Russell beweist mit „Silver Linings“, wie schön Kino sein kann, wenn man es einmal anders angeht. Der Film ist herzergreifend emotional, unfassbar witzig, tieftraurig und dabei zu jederzeit realistisch. Der Zuschauer jubelt, hofft, leidet und trauert mit den fantastisch geschriebenen und gespielten Charakteren. „Silver Linings“ ist gänzlich unkonventionell und schwer in eine Kategorie einzuordnen. Vielleicht trifft romantische Fassung von „Einer flog übers Kuckucksnest“ am ehesten den Kern dieser aufwühlenden Geschichte. Nach dem Film wird sich jeder die Frage stellen: Warum jammere ich über das Leben, wenn Pat und Tiffany ihre Probleme angehen können. Es bleibt abzuwarten, ob die Academy den Mut beweist, dieses Meisterwerk als „Bester Film“ auszuzeichnen. Das wäre zwar eine nicht zu erwartende Sensation. Unverdienter wäre es deswegen trotzdem nicht.

5 von 5 Punkten


Quelle: Senator Film, YouTube

Silver Linings

Originaltitel:Silver Linings Playbook
Regie:David O.Russell
Darsteller:Jennifer Lawrence, Bradley Cooper, Robert de Niro
Genre:Liebeskomödie
Produktionsland/-jahr:USA, 2012
Verleih:Senator Film
Länge:122 Minuten
FSK:ab 12 Jahren
Kinostart:03.01.2013
Homepage:Der Internetauftritt von "Silver Linings"

1 comment on “Review: Silver Linings (Kino)”

  1. Hannah Antworten

    Wenn bei mir der Atoschlüssel falschherum im Zündschloss steckt,muss ich den Motor wieder ausmachen, den Schlüssel richtig herum reinstecken und kann dann erst wieder neustarten. Bekloppt, aber sind wir nicht alle ein bisschen Banane? Dieser Film ist einfach wunderbar und trifft genau das auf den Punkt. Excelsior!

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