Review: Cold Fish (DVD)

Das DVD-Cover von „Cold Fish“ (Quelle: Rapid Eye Movies)

Das DVD-Cover von „Cold Fish“ (Quelle: Rapid Eye Movies)

Inhalt: Das Leben von Nobuyuki Shamoto (Mitsuru Fukikoshi) ist in einer Sackgasse angekommen: Seinen Arbeitsalltag verbringt er in seinem trostlosen kleinen Tropenfischgeschäft, hinter dem nur durch eine dünne Schiebetür getrennt seine schäbige Wohnung liegt. In dieser lebt er mit seiner jüngeren, nicht mehr an ihm interessierten Zweitfrau Taeko (Megumi Kagurazaka) und seiner jugendlichen, widerspenstigen Tochter Mitsuko (Hikari Kajikawa).

Als Mitsuko wiederholt beim Ladendiebstahl erwischt wird, rettet der freundliche Yukio Murata (Denden) die Situation und bietet an, dass Mitsuko zur Ordnung ihres Lebens in seinem riesigen Tropenfischparadies „Amazon Gold“ arbeiten darf, das er gemeinsam mit seiner Frau Aiko (Asuka Kurosawa) betreibt. Immer mehr nimmt er Shamotos Tochter und Frau für sich ein und schlägt dem deprimierten Familienvater eine geschäftliche Zusammenarbeit vor. Diese entpuppt sich jedoch schnell als fatale Falle für Shamoto, denn Murata und seine Frau sind Serienkiller, die bereits über 30 Menschen auf dem Gewissen haben. Als Mitwisser kann er nicht fliehen, da Murata ihm damit droht, seine Frau und Tochter zu töten. Von Angst und Grauen getrieben trifft Shamoto eine schwerwiegende Entscheidung.

Kritik: Sion Sono, geboren 1961, hat mit seinen Regiearbeiten in seinem Heimatland Japan Kultstatus erreicht. Seine Karriere als Regisseur begann 1984 mit dem Kurzfilm „Rabu Songu“, der erste Langfilm folgte 1986 mit „Otoko no hanamichi“. Cold Fish aus dem Jahr 2010 ist der zweite Teil von Sonos Rachetrilogie, die mit dem vierstündigen „Love Exposure“ 2008 begann und 2011 mit „Guilty of Romance“ endete. „Cold Fish“ wurde in die Official Selection des Venedig, London und Toronto International Film Festival aufgenommen, erhielt Preise aber hauptsächlich auf japanischen Filmfestivals wie dem Mainichi Eiga Concours. Der Film basiert lose auf dem wahren Fall des Serienkiller-Pärchens Sekine Gen und Hiroko Kazama, das in den 1990er-Jahren gemeinsam knapp 60 Menschen tötete und ihre Leichen restlos verschwinden ließ.

Grotesk und makaber, aber dennoch authentisch

Der rücksichtslose Killer Murata in seinem Tropenfischgeschäft „Amazon Gold“. (Quelle: Rapid Eye Movies)

Der rücksichtslose Killer Murata in seinem Tropenfischgeschäft „Amazon Gold“. (Quelle: Rapid Eye Movies)

„Cold Fish“ platziert den Zuschauer inmitten einer zerrütteten Familie. Shamoto, ein ruhiger und gutmütiger Mann, hat kurz nach dem Tod seiner Frau die wesentlich jüngere Taeko kennengelernt. Shamotos Tochter kann ihrem Vater dies nicht verzeihen und kapselt sich völlig von ihm ab; zu allem Überfluss ist Taeko des eintönigen Lebens als Frau eines Zierfischgeschäftbesitzers überdrüssig und begegnet ihm mittlerweile völlig gleichgültig.

Sofort identifiziert sich der Zuschauer mit dem traurigen Familienvater, den alles Glück verlassen zu haben scheint. So beginnt der Film als Familienstudie und führt durch den Ladendiebstahl der Tochter zur Einführung des extrovertierten Murata, der sich wie ein spitzes Messer tief in die voneinander abgewandte Dreierkonstellation bohrt und erst Tochter und schließlich Frau perfide von sich überzeugt. Der Zuschauer, nun auf ein Drama mit Satire-Elementen eingestellt, bekommt jedoch eine saftige Ohrfeige: Plötzlich vergiftet Murata einen widerspenstigen Geschäftspartner, der Film nimmt mächtig an Fahrt auf und die Stimmung kippt. Shamoto findet sich nun völlig unerwartet in der Rolle des Zeugen und Komplizen.

Mit unvergleichlicher Authentizität verkörpert Mitsuru Fukikoshi einen Familienvater, der plötzlich in die Ermordung von Menschen hineingezogen und vor die Wahl gestellt wird, daran zu zerbrechen oder aufzubegehren. Der hauptsächlich für humoristische Rollen bekannte Schauspieler Denden sticht ebenfalls heraus und erhielt für die Rolle des Serienmörders Murata mehrere Preise für die beste Nebenrolle. Unvergesslich bleibt bei „Cold Fish“ neben der Leistung der Darsteller und den zahllosen absurden Szenen, in denen Sex und Gewalt eine große Rolle spielen, vor allem das furiose Finale, das der Zuschauer so schnell nicht vergessen wird. Einen festen Magen sollte man hierfür jedoch unbedingt mitbringen.

Cold Fish ist ein Film, der den Zuschauer sprachlos zurücklässt. Wer mit groteskem japanischem Film und, vielleicht genauer, mit den Werken Sion Sonos nichts anzufangen weiß, wird auch an diesem Werk keine Freude finden – diese japanische Mischung aus Horror, Thriller und Satire ist vermutlich wesentlich mehr eine Geschmacksfrage als die meisten „westlichen“ Genrebeiträge (sofern man hier von „Genre“ sprechen kann). Zudem handelt es sich um die japanische Original-Tonspur mit deutschen Untertiteln, was viele deutsche Zuschauer, die an Tonspuren in ihrer Sprache gewöhnt sind, abschrecken dürfte.

Trotz dieser Widrigkeiten ist „Cold Fish“ ein unglaublich starker Film, der vor allem mit den großartigen Schauspielleistungen seiner Darsteller, der Absurdität seiner Szenen und (dennoch!) der Authentizität der Figuren punktet, von denen vor allem die Figur des Shamoto viel – teils erschreckendes – Identifikationspotenzial bietet. Einen kleineren Hänger im Mittelteil dieses 144-minütigen Werks verkraftet der Zuschauer mühelos, denn er wird mit einem Finale entschädigt, das den Mund offen stehen lässt. Obwohl „Cold Fish“ nicht ganz an seinen Trilogie-Vorgänger „Love Exposure“ heranreicht, ist dies ein Film, den man (vor allem als Asia-Kino-Fan) gesehen haben sollte.

Shamotos Familie sitzt nur noch pro forma gemeinsam am Esstisch. (Quelle: Rapid Eye Movies)

Shamotos Familie sitzt nur noch pro forma gemeinsam am Esstisch. (Quelle: Rapid Eye Movies)

„Cold Fish“ ist seit dem 07.10.2011 auf DVD erhältlich.

4 von 5 Punkten

Bild: Das Bild der DVD präsentiert sich auf gutem Niveau. Gelegentliche Probleme bei der Schärfe stören hier weniger als das Bildrauschen bei dunklen Aufnahmen. Für ein besseres Bild ist der Import der Blu-ray aus Großbritannien zu empfehlen.

3 von 5 Punkten

Ton: In Dolby Digital 5.1 wird ein sauberer Ton ohne größere Schwächen geliefert. Die Dialogverständlichkeit des japanischen Originaltons (keine deutsche Tonspur vorhanden, OmU) ist sehr gut. Effekte findet man zwar kaum, aber vor allem der Einsatz von klassischer Musik im Film gefällt durch eine ordentliche Ansprache der Boxen.

3,5 von 5 Punkten

Extras: Ein (alles andere als klassisches) Making Of von 18 Minuten und der Kinotrailer bieten magere Extrakost.

2 von 5 Punkten

Gesamt: 3,5 von 5 Punkten


Quelle: Rapid Eye Movies, YouTube

Cold Fish

Originaltitel:Tsumetai nettaigyo
Regie:Shion Sono
Darsteller:Mitsuru Fukikoshi, Denden, Asuka Kurosawa
Genre:Thriller, Groteske
Produktionsland/-jahr:Japan, 2010
Verleih:Rapid Eye Movies
Länge:144 Minuten
FSK:ab 18 Jahren

 

Verfasst von Daniela.

Zuletzt geändert am 09.09.2013
Cold Fish (DVD)

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